Nach Merz-Wahl: Suche nach Gründen für den "holprigen Start"
Am Tag nach der Zitterpartie bei seiner Wahl zum Kanzler ist Friedrich Merz zu seiner ersten Auslandsreise nach Frankreich und Polen aufgebrochen. Unterdessen will MV-Ministerpräsidentin Schwesig nicht spekulieren, wer Merz am Dienstag im ersten Wahlgang die Stimme verweigert hat.
"Es bringt ja nichts, wenn der eine den anderen verdächtigt. Man muss sagen, es war ein holpriger Start", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch NDR Info. Friedrich Merz (CDU) war am Dienstag im Bundestag erst im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt worden. Im ersten Wahlgang hatte er nicht die erforderliche absolute Mehrheit erreicht - ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik.
Respekt zollte Schwesig den Fraktionen der Grünen und Linken dafür, dass sie mit dazu beigetragen haben, dass noch am Dienstagnachmittag der zweite Wahlgang durchgeführt werden konnte. "Jetzt muss man nach vorne schauen. Kanzler Merz muss mit der Bundesregierung jetzt liefern und mit Taten die Menschen überzeugen, damit wir auch wieder mehr Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen."
Breher: "Der Blick zurück hilft nicht"
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher aus Niedersachsen sagte NDR Info, bei der Suche nach den Abweichlern könne man nur spekulieren. "Es gibt sicherlich ganz verschiedene Gründe der einzelnen Kollegen. Aber ich hätte mir gewünscht, dass sich alle der Verantwortung, zu einer stabilen Regierung zu kommen, nachdem der Koalitionsvertrag vereinbart und unterschrieben ist, doch bewusst gewesen wären. Meine Theorie ist: Es sind Einzelne gewesen, und sie haben nicht bedacht, dass aus Einzelnen mehrere werden können."
Breher geht nicht davon aus, dass das Scheitern von Merz im ersten Wahlgang nachwirken wird. "Das ist jetzt Geschichte. Der erste Wahlgang ist vorbei, der zweite hat eine breite parlamentarische Mehrheit aus eigener Kraft gezeigt. Und jetzt geht es nach vorne, der Blick zurück hilft nicht."
Politikwissenschaftler Koß: Merz muss Verhalten ändern
Merz starte als geschwächter Kanzler, sagte der Politikwissenschaftler Michael Koß von der Leuphana-Universität in Lüneburg NDR Info. Es sei Aufgabe der Fraktionsvorsitzenden, Mehrheiten von Union und SPD vor den Abstimmungen zu organisieren - diese Aufgabe hätten sie vor dem ersten Wahlgang nicht erfüllt, so Koß. Trotzdem sei es "bemerkenswert", dass im zweiten Wahlgang letztlich doch fast "alle an Bord gekommen sind".
Merz müsse jetzt sein Verhalten ändern, sagte Koß. "Rhetorik und Taten müssen besser in Einklang kommen." Es sollte nur das versprochen werden, was die Regierung auch umsetzen könne. Derzeit sehe er "eklatante Schwächen" in diesem Bereich, so Koß. Er empfahl Merz, sich am Führungsstil von Angela Merkel zu orientieren: "Er muss nicht die Politik von Merkel machen, aber er muss Politik mehr wie sie vom Ende her denken."
