Mehr Gewalt im Corona-Jahr: Hamburger Initiativen arbeiten dagegen
Wenn Menschen plötzlich mehr Zeit auf engem Raum miteinander verbringen, steigt der Stresspegel und es kommt öfter zu Aggressionen. Im Corona-Jahr hat es deutlich mehr Gewalt gegeben als sonst.
Das belegt die aktuelle Kriminalitätsstatistik aus Hamburg. Während die Gewaltkriminalität insgesamt leicht um 2,4 Prozent sank, erfasste die Polizei etwa 9 Prozent mehr Opfer von Partnerschaftsgewalt. Das sei der höchste Stand sei zehn Jahren, hieß es. Die Opfer waren zu 78,3 Prozent weiblich. "Die Corona-Eindämmungsmaßnahmen mit Kontaktbeschränkungen und häuslicher Isolation haben das Risiko für Partnerschaftskonflikte seit dem letzten Jahr deutlich erhöht", sagte der Leiter des Landeskriminalamts (LKA), Mirko Streiber Anfang des Monats, bei Veröffentlichung der Statistik.
Freiräume verschwinden
"Soziale Isolation ist einer der wesentlichen Risikofaktoren für Gewalt in der Partnerschaft und Kindesmisshandlung", hatte Sabine Stövesand, Professorin an der Fakultät Wirtschaft und Soziales an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), NDR 90,3 in einem Interview erklärt. Die Corona-Situation würde die soziale Isolation verstärken. "Freiräume verschwinden, es ist schwieriger, sich Hilfe zu holen", so Stövesand.
Initiativen setzen auf eine aktive Nachbarschaft
Es gibt aber einige Anlaufstellen, die in solchen Situationen helfen: Das Hamburger Gewaltschutz-Zentrum hilft Menschen, die fürchten, selbst gewalttätig zu werden, die schon gewalttätig geworden sind und die Gewalt erleben. Und es gibt die Initiative StoP Partnergewalt, beispielsweise in Hamburg-Wilhelmsburg. Sie funktioniert über Nachbarschaftsgruppen. Ehrenamtliche suchen das Gespräch mit den Familien in ihrem Stadtteil. Die Idee dabei: Eine funktionierende und aktive Nachbarschaft, die in Krisensituationen da ist und hilft.
Dabei wenden sich die Ehrenamtlichen auch direkt an die Männer, die oftmals diejenigen sind, die die Gewalt ausüben. "Männer müssen darüber diskutieren und andere Männer davon überzeugen, dass sie ihr Verhalten ändern", erklärt Abeba-Sium Kiflu von der Initiative. Viele Menschen, die Gewalt erfahren, sprechen aus Scham nicht darüber. Auch dagegen will die Initiative angehen. SToP-Projekte gibt es auch in Steilshoop, Neuwiedenthal, im Osdorfer Born, dem Phoenixviertel und in der Horner Geest.
