Containerschiffe liegen voll beladen im Hafen. © dpa Foto: Jonas Walzberg
Containerschiffe liegen voll beladen im Hafen. © dpa Foto: Jonas Walzberg
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AUDIO: Einbruchserie im Hamburger Hafen: Wo ist das Kokain? (5 Min)

Einbruchserie: Weitere Festnahmen im Hamburger Hafen

Stand: 23.06.2023 13:21 Uhr

In Hamburg haben Zoll und Polizei erneut mehrere Personen festgenommen, die auf das Terminal Altenwerder eingedrungen sind. Die Ermittler vermuten, dass es die Täter auf eine Kokainlieferung abgesehen haben.

von Benedikt Strunz

Die Einbruchserie im Hamburger Hafen hält an. Seit nunmehr fast zwei Wochen dringen immer wieder Einbrecher auf das Gelände des Terminals Altenwerder im Hamburger Hafen ein. In der Nacht auf Freitag haben Zoll und Polizei zwei Personen festgenommen. Das bestätigte ein Sprecher der Polizei dem NDR. Es war bereits der neunte Einbruch innerhalb weniger Tage. Eine HHLA-Sprecherin erklärte, dass der Betrieb der Terminalanlage durch den Einsatz zeitweise eingeschränkt wurde. Bereits am frühen Donnerstagmorgen hatten Polizisten fünf Einbrecher gefasst.

In den vergangenen Tagen haben Polizei und Zoll somit insgesamt 27 Männer festgenommen, die überwiegend aus den Niederlanden stammen sollen. Auf Nachfrage des NDR teilte die Polizei mit, die Täter seien zwischen 19 und 30 Jahren alt. Da keine Haftgründe vorlägen, seien alle wieder auf freiem Fuß. Lediglich ein Mann, der offenbar wiederholt in das Hafengelände eingebrochen war, befände sich derzeit in Untersuchungshaft.

Einbrecher haben es wohl auf Kokainlieferung abgesehen

Was die Männer auf dem Terminal-Gelände suchen, ist nicht abschließend geklärt. Ermittler von Zoll und Polizei gehen davon aus, dass sie es auf eine größere Kokainlieferung abgesehen haben. Nach NDR Informationen konnte der Zoll vor rund zwei Wochen zwei Tonnen Kokain im Hamburger Hafen sicherstellen. Ob die Lieferung, die auf dem Großmarkt etwa 70 Millionen Euro wert sein dürfte, mit der Einbruchserie in Zusammenhang steht, ist unklar. Ein Sprecher der Polizei wollte den Kokainfund nicht bestätigen.

Seit mehreren Jahren registriert der Hamburger Zoll immer größere Sicherstellungen von Kokain im Hamburger Hafen. Neben Rotterdam und Antwerpen gilt Hamburg als ein besonders bedeutendes Einfallstor für die Droge aus Südamerika. Eine Schwierigkeit für die Täter besteht darin, das Kokain, das häufig in legaler Ware versteckt ist, nach Ankunft in Europa unbemerkt aus den Häfen zu bringen. Hierfür werden regelmäßig Einbrecher eingesetzt. Im Entdeckungsfall droht diesen lediglich eine geringe Strafe. Gleichzeitig bezahlen ihnen die Drogenbanden im Erfolgsfall bis zu sechsstellige Summen, je nachdem wie groß die beschaffte Drogenlieferung ausfällt.

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Ein Container wird auf dem Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen auf ein Schiff geladen. © dpa Foto: Daniel Reinhardt

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HHLA warnt Mitarbeiter vor Kokainbanden

Immer wieder versuchen Drogenbanden aber auch gezielt Hafenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zur Zusammenarbeit zu bewegen. Dabei werden diese eingeschüchtert, bedroht oder durch hohe Geldzahlungen korrumpiert. Nach NDR Informationen sind unlängst auch zwei Mitarbeiterinnen des Terminals Altenwerder aufgeflogen, die mit einer Kokainbande gemeinsame Sache gemacht haben sollen. Zudem registrieren Zoll und Polizei auch, dass Täter gezielt versuchen, in den Häfen Beschäftigung zu finden.

Polizei und Zoll in mehreren Nordeuropäischen Hafenstädten versuchen derzeit durch ein gemeinsames Projekt, die Sicherheit auf den Terminals zu erhöhen. Ziel des Programms "Infiltration der Nordseehäfen durch OK-Strukturen (INOK)" ist es, gegen so genannte "Innentäter" vorzugehen. Ohne diese wäre der Kokain-Schmuggel nahezu unmöglich. Das Programm soll 18 Monate laufen und umfasst unter anderem eine stärkere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene. Teil des INOK-Programms ist auch eine Sensibilisierungskampagne für Beschäftigte in den Häfen.

Anwerbeversuche über soziale Medien

Nach NDR Informationen hat die HHLA, die auch das Containerterminal Altenwerder betreibt, unmittelbar nach Bekanntwerden der Einbruchsserie reagiert. Mithilfe von Flyern und Videofilmen sollen die Beschäftigten dafür sensibilisiert werden, Anwerbeversuche von Kriminellen zu erkennen und nicht darauf einzugehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dabei nicht nur vor verdächtigen Anrufen vermeintlicher Kunden gewarnt. Gerade auch in der Freizeit oder auf Socialmedia könne es zu Anwerbeversuchen kommen.

Für einfache Dienste im Hafen, wie etwa das Verstellen eines Containers, bezahlen organisierte Banden bisweilen mehrere 10.000 Euro. Doch wer sich einmal auf eine Zusammenarbeit mit Organisierten Drogenkriminellen eingelassen habe, und sei es nur durch eine vermeintlich banale Handlung, der "riskiere sich erpressbar zu machen", warnt die HHLA. Eine HHLA-Sprecherin erklärte auf Nachfrage, die Kampagne sei bereits in den vergangenen Monaten intensiv vorbereitet worden.

Ein Flatterband mit der Aufschrift "Politie" vor einem Stapel Container ©  IMAGO / alimdi Foto: IMAGO / alimdi
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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 Aktuell | 23.06.2023 | 13:00 Uhr

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