Geiger Emmanuel Tjeknavorian im Konzert mit der NDR Radiophilharmonie unter Leitung von Andrew Manze © NDR Foto: Oliver Borchert

Festspiele MV 2022: Bilanz des Festival-Sommers

Stand: 16.09.2022 06:00 Uhr

Emmanuel Tjeknavorian spielte auf Mozarts Geige und das BBC Symphony Orchestra gastierte in Redefin: nur einige von zahlreichen Höhepunkten der Festspielsaison 2022 in Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings kamen nicht so viele Gäste, wie vor der Pandemie.

von Axel Seitz

Mit Musik von Richard Wagner und Dmitri Schostakowitsch geht am Sonntag der diesjährige Festspielsommer zu Ende. Ein Sommer, von dem Intendantin Ursula Haselböck sagt: "Wir hatten immerhin 60.000 Besucher. Wir hatten über 30 vollkommen ausverkaufte Konzerte. Das ist eigentlich mehr, als wir uns vorab erwartet hätten und zeigt, dass das Publikum doch wieder zurück in die Säle kommt. Es ist noch ein bisschen Luft nach oben - das kann man, glaube ich, offen sagen. Und natürlich sind wir alle wieder - Gott sei Dank - im Aufwärtstrend. Das haben auch wir gemerkt. Es ist einfach ein Umdenken, auch in der Kultur. Es ist sehr viel kurzfristiger. Man kann daher auch nicht so gut planen. Es ist eine ziemliche Nervenprobe für die Veranstalter. Und ja, die Zahlen sind noch nicht ganz so wie 2019, also vor der Pandemie." Damals - vor drei Jahren - konnten die Festspiele noch knapp 85.000 Besucher begrüßen.

Emmanuel Tjeknavorian: "Der schönste Sommer meines Lebens"

Der Preisträger des jetzt zu Ende gehenden Festspielsommers, der Geiger und Dirigent Emmanuel Tjeknavorian, blickt auf drei wunderbare Monate in Mecklenburg-Vorpommern zurück: "Ich muss wahnsinnig kitschig werden und wirklich ehrlich sagen: Das war der schönste Sommer meines Lebens. Das kann ich ehrlich und offen so zugeben, ohne mich für diesen Kitsch zu schämen. So viele magische Momente, so viele magische Abende, unvergesslich. Und ja, ich habe viel gelernt. Ich habe sehr, sehr viele Erfahrungen gesammelt und ich bin sehr dankbar, weil nach diesem Sommer weiß ich noch mal deutlicher, was ich im Leben machen möchte und was ich nicht machen möchte."

Die Besucherinnen und Besucher erlebten den Wiener vor allem als Violinisten - unter anderem mit der berühmtem Mozart-Geige an einem ganzen Wochenende in Ulrichshusen. Emmanuel Tjeknavorian trat aber auch als Dirigent in Erscheinung - so im Park von Schloss Bothmer und bei seinem letzten Auftritt in diesem Sommer bei den Festspielen Ende August in Ulrichshusen. Denn darauf, ein Orchester zu führen, möchte sich der 27-Jährige künftig konzentrieren: "In den nächsten Wochen: Debüts mit den Wiener Symphonikern, mit dem HR-Sinfonieorchester in Frankfurt, in Mailand, in Madrid. Also wirklich große Aufgaben als Dirigent. Es sind lauter aufregende Geschichten. Ich finde es spannend, wie der Sommer zu Ende ging: mit lauter Wunschkonzerten und jetzt neuen, ganz andere Herausforderungen."

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Ein Mann mit Locken hält eine Geige in der Hand. © Axel Seitz /NDR Foto: Axel Seitz

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Finanzielle Absicherung durch viele Ticketverkäufe

Vor Herausforderungen ganz anderer Art stehen auch die Festspiele, denn nur wenn sehr viele Zuhörerinnen und Zuhörer zu den Konzerten kommen, ist das Festival finanziell abgesichert: "Die Festspiele sind ein privatwirtschaftliches Festival. Wir arbeiten normalerweise in normalen Jahren mit einer Deckung von 50 Prozent aus Ticketeinnahmen. Das ist eine Zahl, die sonst kaum ein Kulturveranstalter, auch kein anderes vergleichbares Festival mit sich trägt", erzählt Ursula Haselböck. "Das hat bis 2019 sehr gut funktioniert. Wir haben - Gott sei Dank - in den letzten Jahren auf die üblichen Förderungen zugreifen können und werden in diesem Jahr voraussichtlich zum ersten Mal auf einen Ausfallfonds des Landes zurückgreifen. Bis jetzt sind wir ohne zusätzliche Gelder vom Land Mecklenburg-Vorpommern ausgekommen und werden am Ende der Saison sehen, ob und in welchem Ausmaß wir darauf zurückgreifen müssen, beziehungsweise können."

Martynas Levickis ist Preisträger des Festspielsommers 2023

Trotzdem bleibt Ursula Haselböck optimistisch: Den Festspielen gehe es gut, sagte sie dem NDR, und sie freue sich bereits auf den diesjährigen Festspielwinter, den kommenden Festspielfrühling auf Rügen und den Sommer 2023 - möglicherweise dann auch wieder mit Emmanuel Tjeknavorian: "Wir haben zwar noch kein konkretes Programm, auch ist noch kein Datum gefunden. Aber es ist ein absoluter Wunsch von mir, wieder zurückzukommen. Und Gott sei Dank beruht dieser Wunsch auf Gegenseitigkeit", sagt Tjeknavorian.

Im November wird das Programm für das nächste Jahr präsentiert und bereits jetzt steht der Preisträger des Festspielsommers 2023 fest: Martynas Levickis. Der litauische Akkordeonspieler sollte bereits 2020 den Sommer prägen, doch die Corona-Pandemie sorgte für eine Verschiebung um drei Jahre.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 16.09.2022 | 06:40 Uhr

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