Güstrow: Entdeckung bei Sanierung am Schloss
Die gesamte Fassade mit über 200 Fenstern des Güstrower Schlosses wird derzeit saniert. Die Bauarbeiten am Renaissance-Bauwerk laufen noch mindestens bis Mitte 2024.
Ein riesiger Baukran steht im Innenhof. Türme und Fassaden sind eingerüstet. Das Dach ist an vielen Stellen mit weißer Folie bedeckt. Das alles lässt keinen Zweifel aufkommen: Das Güstrower Schloss ist eine gewaltige Baustelle - eine der größten in ganz Mecklenburg-Vorpommern.
Unerwartete Entdeckung an der Güstrower Schlossbrücke
Vom Torhaus gibt es seit Jahrhunderten eine breite Steinbrücke als Verbindung zum Haupteingang auf der Westseite des Schlosses. In der Mitte dieser Brücke führt eine Treppe in den benachbarten Garten. Und hier sind Dingen zum Vorschein gekommen, die niemand geahnt hat, sagt Claudia Henning. Sie ist Abteilungsleiterin des zuständigen Bau- und Liegenschaftsamtes Schwerin. "Wir haben die Schlossbrücke freigelegt in dem Sinne, dass wir den Putz abgeschlagen haben, weil der marode war. Darunter haben wir dann entdeckt, dass die alte Form von Dieussart, die architektonische Gestaltung mit Lisenen wie beim Torhaus, wieder zum Vorschein kam. Das ist natürlich ein ganz besonderer Fund, weil dieses Brückenbauwerk immer etwas stiefmütterlich auch in der Gestaltung behandelt worden war. Jetzt haben wir ganz andere Ansatzmöglichkeiten, dieses Brückenbauwerk wieder in ein Gesamtkonzept einzufügen."
Der erwähnte Charles Philippe Dieussart war als Architekt im 17. Jahrhundert am Bau des Güstrower Torhauses beteiligt. Doch nicht nur unter dem Putz kam Unbekanntes zum Vorschein, auch unterhalb der Erde, erzählt Henning: "Die Fundamente liegen im Prinzip ein Meter tiefer. Die Treppenkonstruktion würde dann also nicht ausreichen, um diesen einen Meter zu überbrücken. Nun ist die Überlegung, die Treppe wegzulassen, beziehungsweise eben halt in einem modernen Baustil zu erneuern."
Sechs weitere Schornsteine für das Dach
Mit eventuell freigelegten Fundamenten würde die Brücke durch die dann höheren Torbögen künftig ganz anders wirken als jetzt. Allerdings müssten dafür auf einer nicht unerheblichen Fläche etliche Kubikmeter Erde abgetragen werden. Claudia Henning rechnet mit einer Entscheidung darüber, was genau bei Brücke, Treppe und Erdboden umsetzbar ist, bis zum Herbst.
Auf dem Dach sind die Handwerker dabei, neue Schornsteine zu mauern, erzählt Bauprojektleiter Jürgen Schröder: "Die historischen Aufnahmen und Forschungen haben ergeben, dass die Dachlandschaft weitaus lebendiger war, als wir sie jetzt auch vor der Sanierung noch gesehen haben. Es gab sehr viel mehr Schornsteine. Dank guter bauhistorischer Recherchen haben wir auch die Möglichkeit, dass ein Teil der Schornsteine wieder, mit 98 prozentiger Genauigkeit rekonstruiert und aufgesetzt werden können. Also wir werden sechs Schornsteine mehr draufsetzen, als vor der Sanierung vorhanden war." Diese Schornsteine werden jedoch künftig nicht genutzt, sie sind nur zur Zierde auf dem Dach.
Mitte 2024 soll das Schloss von außen in neuem Glanz erstrahlen
Unter dem Dach haben in den vergangenen Monaten Zimmerer aufwendig zahlreiche Balken erneuert. Ursprünglich gingen die Planer davon aus, dass sie ungefähr 145 Kubikmeter neues Holz für die Dachbalken benötigen, letztlich wurde dann fast das Doppelte an Material verbaut. Hingegen bei der Außenfassade müssen, nach Aussage von Jürgen Schröder, viel weniger Flächen als ursprünglich angenommen neu verputzt werden: "Zum Anfang der Sanierung waren wir davon ausgegangen, dass wir circa 60 Prozent des Putzes erneuern müssen. Jetzt, nach dem Einrüsten der Fassade, hat sich gezeigt, dass der Putz doch noch in einem besseren Zustand ist, als wir angenommen haben und wir nur circa 30 Prozent des Putzes zu erneuern brauchen."
Im Großen und Ganzen liegen die Bauarbeiten am Güstrower Schloss, die 2019 begonnen haben, im Plan, so Jürgen Schröder: "Das einzig große, was jetzt noch fehlt, sind die Fenster, die eingebaut werden müssen. Und da sind wir auch guten Mutes. Wir haben die Firma gefunden. Wir sind dabei, die Werkstatt-Zeichnungen zu erstellen. Und ich denke, dass das Ziel zu schaffen ist." Das Ziel heißt: Mitte 2024 soll das Güstrower Schloss zumindest von außen in neuem Glanz erstrahlen. Bis dahin werden rund 28 Millionen Euro, hauptsächlich Mittel der EU, verbaut worden sein.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg in der Ukraine haben allerdings auch in Güstrow für Verzögerungen gesorgt. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten an diesem einzigartigen Renaissance-Bauwerk bereits Ende 2023 abgeschlossen sein.
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