Vorwürfe und ihre Folgen: Der Fall Lisa Eckhart
Dass die Kabarettistin Lisa Eckhart am Donnerstag, 3. September, im Hamburger Literaturhaus aus ihrem Debütroman "Omama" liest, ist schon eine Nachricht. Denn beim Harbour Front Literaturfestival in Hamburg liest sie nicht, entgegen einer ursprünglichen Planung. Ocke Bandixen über den Fall Lisa Eckhart, der vielfach als exemplarisch für "Cancel Culture" gesehen wurde.
Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart hat einen Roman geschrieben. Mit diesem war sie eingeladen worden vom Harbour Front Literaturfestival für eine Lesung im sogenannten Debütantensalon. Stattfinden sollte das Ganze im Nochtspeicher, einem kleineren Veranstaltungsort in Hamburg St. Pauli. Der Nochtspeicher sagte die Veranstaltung bei der Festivalleitung Anfang August mit einem Hinweis auf Drohungen aus der Nachbarschaft ab.
Kritik an einem Auftritt von Lisa Eckhart 2018 im WDR
Zuvor war Lisa Eckhart kritisiert worden, vor allem für ein Kabarettprogramm aus dem Jahr 2018, das auf Social-Media-Kanälen erneut kursierte. Bei einem Auftritt in der WDR-Satiresendung Mitternachtsspitzen im Ersten hatte sie damals in einem kabarettistisch-künstlerischen Text über Juden und Antisemitismus-Klischees gesprochen, über Woody Allen, Harvey Weinstein, den Umgang mit ihnen und den Missbrauchsvorwürfen gegen sie.
Antisemitische Klischees bedient?
In ihrem beinahe fünf Minuten dauernden satirischen Text balanciert Lisa Eckhart auf der Kabarettbühne über Grenzen des Geschmacks, verbindet böse Klischee-Schilderungen mit beißender Kritik an der Kirche, an Opfergesten und vorschnellen Urteilen, alles mit einer ihr eigenen Haltung der Ironie und sprachlichen Kapriolen. Kritiker werfen ihr nun vor, antisemitische Klischees zu bedienen.
Harbour Front lädt Künstlerin erneut ein
Nach der Ausladung von Lisa Eckhart, für die die Veranstalter Sicherheitsbedenken anführten, wurden wiederum die Verantwortlichen bei Harbour Front kritisiert, unter anderem vom Autorenverband PEN und Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Kabarett-Kollege Dieter Nuhr verteidigte Lisa Eckhart und nannte die Ausladung einen Skandal. Sie selbst bezeichnete die Vorwürfe des Antisemitismus als eine Folge von "böswilligem Missverstehen".
Harbour Front wiederum führte aus, es habe keine Drohungen, jedoch Warnungen aus der Nachbarschaft des Nochtspeichers gegeben. Der Verantwortlichen luden daraufhin Lisa Eckhart erneut ein, diesmal an einen anderen Ort, was die Künstlerin umgehend ablehnte.
Trotz allem im Rennen um den Klaus-Michael-Kühne-Preis
Der Fall wurde vielfach als Beispiel gesehen für "Cancel Culture", den aus den USA geprägten Begriff der abgesagten öffentlichen Kunst- oder Kulturveranstaltung, weil und nachdem massiv medial transportierte Kritik aufkommt.
Beim Debütantensalon von Harbour Front ringen die Roman-Autoren um den Klaus-Michael-Kühne-Preis, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Die Verantwortlichen von Harbour Front gaben bekannt, dass Lisa Eckhart trotz allem weiter im Rennen sei.