US-Botschafter Grenell droht deutschen Firmen
Im Streit um die Ostseepipeline "Nord Stream 2" setzen die USA deutsche Unternehmen unter Druck. Der amerikanische Botschafter Richard Grenell droht in einem Brief den Firmen mit Sanktionen, die sich an dem russischen Gasprojekt beteiligen. Das Auswärtige Amt rät den betroffenen Unternehmen von einer Stellungnahme ab. Deutsche Politiker hingegen fordern von der Bundesregierung, das Vorgehen des US-Botschafters zu ahnden.
Ein Kommentar von Daniel Pokraka, NDR Info
Wer nicht auf jede Provokation reagiert, wirkt souverän - das schon. Aber wer sich alles gefallen lässt, macht sich selbst klein. Und leider gilt im Fall Grenell für die Bundesregierung Letzteres. Vermutlich haben sie im Auswärtigen Amt genervt mit den Augen gerollt, als sie von der neuesten Unverschämtheit des US-Botschafters hörten. Aber das war es dann auch.
Grenells Drohbrief war kein Versehen
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Botschafter eines befreundeten Landes droht deutschen Firmen Sanktionen an, wenn die nicht das tun, was er verlangt. Und das Auswärtige Amt? Sagt dazu kein kritisches Wort. Vielleicht, weil es befürchtet, dass Widerspruch nichts nützt. Weil eine Einbestellung ins Auswärtige Amt den US-Botschafter nicht beeindrucken würde. Weil der Streit mit Richard Grenell dadurch womöglich erst richtig losginge. Kann alles sein. Aber den Botschafter zu kritisieren und ihn einzubestellen, ist ein Wert an sich. Das einzig mögliche Zeichen, dass sich die Regierung nicht alles bieten lässt. Denn Grenells Drohbrief war ja kein Versehen.
Grenells Drohung: Bundesregierung macht sich klein
Welche Aufgaben haben die Botschafter eines Landes? Der amerikanische Vertreter in Deutschland, Richard Grenell, wirft seit seinem Amtsantritt Fragen auf.
Der Mann ist Überzeugungstäter und Wiederholungstäter. Überzeugungstäter, weil er sich nicht als Förderer der deutsch-amerikanischen Freundschaft versteht, sondern als Vertreter der Politik von Donald Trump. Wiederholungstäter, weil der Drohbrief an deutsche Firmen nicht Grenells erster Tabubruch ist. Letztes Jahr hatte der neue Botschafter kaum deutschen Boden betreten, da verlangte er von deutschen Unternehmen, ihre Iran-Geschäfte zu beenden. Und kurze Zeit später verkündete er in der ultrarechten Internet-Postille "Breitbart", er wolle die Konservativen in Europa stärken.
Wer sich klein macht, bekommt keinen Respekt
Richard Grenell verstößt also nicht zum ersten Mal gegen jede Regel der Diplomatie, er handelt nicht aus Versehen, sondern mit Absicht und aus Kalkül. Die Bundesregierung muss deshalb weder Nachsicht walten lassen, noch braucht sie zu hoffen, dass Grenell sich künftig besser benimmt, wenn man ihm jetzt nicht widerspricht. Alphatiere wie der US-Botschafter, dessen Präsident Donald Trump oder auch der russische Präsident Wladimir Putin haben eins gemeinsam: Vor jemandem, der sich klein macht, haben sie keinen Respekt. Wenn überhaupt, dann vor jemandem, der sich ihnen energisch entgegenstellt.
