Stand: 12.04.2019 18:18 Uhr

Wikileaks - eine Chronologie

von Carsten Pilger

Kämpfer für Freiheit oder Staatsfeind? Seit der Verhaftung des Wikileaks-Gründers Julian Assange in Großbritannien diskutieren Politiker und Medien die Rolle des Aktivisten. ZAPP hatte immer wieder über die Plattform und deren Gründer berichtet. Hier haben wir eine Chronologie der Ereignisse zusammengestellt.

Oktober 2006
Die Domain wikileaks.org wird registriert. Die Gründer von Wikileaks, darunter Julian Assange, haben es sich zur Aufgabe gemacht, bislang geheime Dokumente anonym zu veröffentlichen. Sie plädieren für eine offene Gesellschaft.

Julian Assange, WikiLeaks-Gründer © dpa Foto: Martial Trezzini
Julian Assange, einer der WikiLeaks-Gründer.

2007
In diesem Jahr geht Wikileaks zum ersten Mal mit Dokumenten an die Öffentlichkeit und erregt nur wenig Aufsehen. Unter anderem stellen die Macher interne Handbücher aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo online. Sie belegen die psychologischen Foltermethoden des Militärs.
In diesem Jahr lernt Daniel Domscheit-Berg Julian Assange kennen.

5. April 2010
Wikileaks landet seinen ersten großen Coup: Videomaterial vom Angriff eines US-Militär-Hubschraubers im Jahr 2007 auf Zivilisten, darunter auch zwei Reporter, wird auf Wikileaks veröffentlicht. Erstmals stellt Wikileaks die ihnen zugespielten Informationen der Öffentlichkeit auf einer Pressekonferenz und einer eigenen Website vor: Allerdings wird in Deutschland nur zögerlich darüber berichtet. Die Skepsis gegenüber Wikileaks ist noch hoch.

Weitere Informationen
Website Wikileaks © NDR

Warum Wikileaks vielen Medien nicht geheuer ist

Das Irak-Video brachte die Internetplattform in alle Medien. Immer mehr Informanten vertrauen Wikileaks. Aber wie viel Vertrauen schenken Journalisten den Weltverbesserern aus dem Netz? mehr

26. Mai 2010
Im Irak wird US-Soldatin Chelsea Manning verhaftet. Ihr wird vorgeworfen, Dokumente, unter anderem das Video des US-Angriffs auf Zivilisten im Jahr 2007, Wikileaks zugespielt zu haben.

25. Juli 2010
In Zusammenarbeit mit dem britischen "The Guardian", der US-amerikanischen "New York Times" und dem deutschen "Spiegel" geht Wikileaks mit Kriegsdokumenten an die Öffentlichkeit: Die "Afghan War Diaries" bestimmen die Nachrichte

September 2010
Daniel Domscheit-Berg, deutscher Sprecher von Wikileaks, verlässt das Projekt im Streit mit Assange.

Weitere Informationen
Ein Bild von Julian Assange und Daniel Domscheit-Berg vor der Wikileaks-Website © NDR

Der Machtkampf bei "Wikileaks"

Sie legen sich an mit den Mächtigen und sind Partner investigativer Medien weltweit. Aber alles Erreichte ist in Gefahr, denn auch bei Wikileaks geht es jetzt um Macht. mehr

22. Oktober 2010
Unter dem Titel "Iraq War Logs" stehen der Öffentlichkeit auf Wikileaks Dokumente zum Einsatz der US-Armee im Irak zur Verfügung. Wieder kooperiert Wikileaks mit der "New York Times", dem "Guardian" und dem "Spiegel".

28. November 2010
Ab diesem Tag werden Depeschen von US-Diplomaten veröffentlicht - wieder in Kooperation mit dem "Spiegel", dem "Guardian" und der "New York Times". Dabei ist eine schrittweise Veröffentlichung über Monate hinweg geplant. Journalisten erhalten das Material vorab und werten aus, Hinweise auf Quellen werden vor der Veröffentlichung entfernt.

VIDEO: Botschaftstratsch bei Wikileaks (8 Min)

Dezember 2010
In Schweden liegt gegen Assange ein Haftbefehl wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung und Vergewaltigung vor. Er wird von Interpol gesucht, später verhaftet und auf Kaution wieder freigelassen. Danach steht er unter Hausarrest.

Die Domain wikileaks.org ist zeitweise nicht erreichbar. Firmen wie Amazon, Paypal, Visa oder Mastercard stellen auf politischen Druck die Zusammenarbeit mit Wikileaks ein. Anonyme Anhänger von Wikileaks attackieren diese Firmen im Netz und legen teilweise deren Webseiten lahm.

Mittlerweile sind die Wikileaks-Seiten "gespiegelt", das heißt die Inhalte liegen als Kopie weltweit auf zahlreichen Servern. Allerdings können keine Dokumente mehr hochgeladen werden.

September 2011
"Der Freitag" berichtet von einem Datenleck bei Wikileaks - über Monate waren alle unbearbeiteten US-Depeschen frei im Netz zugänglich, mit allen Original-Absendern. Im Buch eines britischen Journalisten stand das Passwort zur Entschlüsselung der Datei. Als Reaktion veröffentlicht Wikileaks am 2. September alle US-Depeschen, unbearbeitet.

Weitere Informationen
Julian Assanges Bild ist auf der Website von Wikileaks zu sehen © picture-alliance/dpa Foto: Britta Pedersen

Datenlecks: Mediale Personality-Show bei Wikileaks

Wer hat was verraten? Wer lügt? Die Datenpanne ist großes Thema in den Medien. Doch geht es kaum um Inhalte, sondern um verletzte Eitelkeiten und zerstrittene Männer. mehr

Dezember 2011
Wikileaks veröffentlicht die sogenannten SpyFiles und kooperiert zum ersten Mal mit dem NDR.

27. Februar 2012
Millionen E-Mails des US-Unternehmens Stratfor sind in den "The Global Intelligence Files" auf Wikileaks zu finden. Vorab erhalten Partner Einblick in die Daten, unter anderem der NDR. Auch ZAPP berichtet.

19. Juni 2012
Nachdem das oberste britische Gericht eine Auslieferung Assanges an Schweden erlaubt, flieht der Wikileaks-Gründer vor einer Verhaftung in die Botschaft Ecuadors in London. Er beantragt politisches Asyl. Im August 2012 gewährt der südamerikanische Staat Assange Asyl.

26. August 2013
Whistleblowerin Chelsea Manning wird unter anderem wegen Spionage zu einer Haftstrafe von 35 Jahren verurteilt.

7. Oktober 2016
Wikileaks veröffentlicht E-Mails aus dem Konto von John Podesta, Wahlkampfleiter der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Vertreter der Clinton-Kampagne werfen Wikileaks vor, Propaganda für Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu betreiben. Ecuador schränkt daraufhin für einige Zeit Julian Assanges Internetzugang ein.

Dezember 2016

Interne Dokumente aus dem NSA-Untersuchungssauschuss erscheinen auf Wikileaks. Sie stammen aus dem Bundeskanzleramt, dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz.

Januar 2017

US-Präsident Barack Obama begnadigt Chelsea Manning in einer seiner letzten Amtshandlungen.

November 2018

Es wird bekannt, dass die USA planen, Anklage gegen Julian Assange wegen Geheimnisverrats zu erheben. Das Verfahren in Schweden ruht inzwischen.

8. März 2019

Chelsea Manning wird erneut verhaftet, weil sie sich weigert, im Verfahren gegen Julian Assange auszusagen.

11. April 2019

Julian Assange wird in London festgenommen. Ecuador hatte ihm zuvor das diplomatische Asyl entzogen und lässt britische Polizisten in die Botschaft. Scotland Yard bestätigt, dass ein Auslieferungsersuchen der USA gegen Assange vorliegt.

Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 19.02.2020 | 23:20 Uhr

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