Stand: 30.08.2020 10:06 Uhr

Ruder-Ikone Kolbe - Der Mann im Skiff

Fünf Weltmeistertitel gewann Ruderer Peter-Michael Kolbe aus Hamburg. Dennoch haftet ihm der Makel des "ewigen Zweiten" an, weil er bei drei olympischen Spielen Silber gewann und nicht den erhofften Sieg holte.

Peter-Michael Kolbe, Lagerist bei der Hamburger Hafen und Logistik AG © Hamburger Hafen und Logistik AG
Peter-Michael Kolbe, Lagerist bei der Hamburger Hafen und Logistik AG.

Sobald Peter-Michael Kolbe im schmalen Skiff sitzt, gibt es für das Nordlicht nur eine Absicht: als Erster die Ziellinie überqueren. Auch Jahrzehnte nach seinem Karriereende hat sich an dieser positiven Einstellung nichts geändert. "Wenn ich mich ins Boot setze, möchte ich auch gerne gewinnen", stellt Kolbe klar. Bei Spaßveranstaltungen oder Benefizrennen geht er noch immer mit großem Ehrgeiz an den Start. Die Ausdauer dafür holt sich der ehemalige Ausnahme-Ruderer weiterhin auf dem Wasser. Natürlich reißt der Lagerist bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) nicht mehr so viele Kilometer ab wie zu seinen Glanzzeiten. Während seiner aktiven Zeit absolvierte der am 2. August 1953 in Hamburg geborene Kolbe bis zu 4.000 Trainingskilometer im Jahr.

Unvergessene Olympia-Duelle mit Karppinen

Deutschlands erfolgreichster Einer-Ruderer aller Zeiten, der 13 internationale Medaillen in 15 Jahren einheimste, bewies in den 70er- und 80er-Jahren seine Ausnahmestellung als zeitweise bester Skuller. Mit gerade einmal 22 Jahren gewinnt er am 30. August 1975 im englischen Nottingham seinen ersten von insgesamt fünf Weltmeistertiteln.

Die die Sportgeschichte gingen aber vor allem seine Duelle mit dem Finnen Pertti Karppinen ein. Immer wieder versuchte Kolbe bei Olympischen Spielen die Goldmedaille zu holen -  vergebens. Beim Finale 1976 in Montreal und 1984 in Los Angeles verlor er jeweils das Finale gegen den Finnen Karppinen. Vor allem die Bilder aus Montreal dürften nicht nur bei Kolbe für immer präsent bleiben. Im 2.000-m-Finale hatte er schon einen respektablen Vorsprung herausgerudert, als der bis dato nur einem kleinen Kreis von Experten bekannte Karppinen auf den letzten hundert Metern Schlag um Schlag aufholte - und gewann.

Großer Ärger wegen der "Kolbe-Spritze"

Die Niederlage blieb rätselhaft. Und auch deshalb wurde eine vor dem Finale verabreichte Spritze als Erklärung genommen. Mit Doping habe diese Injektion aber nichts zu tun gehabt, ereifert sich Kolbe später. Es seien nur Vitamine gewesen - und nicht verboten. "Doping ist das, was auf der Dopingliste steht." Niemand beschuldigte Kolbe oder bestrafte ihn gar, und trotzdem fühlte er sich schlecht behandelt. Denn die Spritze, die ihn stärker machen sollte, wurde zum sportlichen Reinfall für den Favoriten - und ging wegen der leistunghemmenden Nebenwirkungen als "Kolbe-Spritze" in den Wortschatz ein. Bei den Spielen in Seoul 1988 ereilte Kolbe ein ähnliches Schicksal wie zuvor mit Karppinen- diesmal schnappte ihm der DDR-Ruderer Thomas Lange das erhoffte Gold weg. Trotz seiner fünf Weltmeistertitel ging der zehnfache deutsche Meister im Einer als "der ewige Zweite" in die Geschichte des Rudersports ein.

Sportdirektor mit Hindernissen

Ein Jahr später zog sich der "Sportler des Jahres 1975" vom Hochleistungssport zurück. Bis 1994 war er als Sportdirektor im Deutschen Ruderverband (DRV) tätig. Eine nervenaufreibende, aber auch spannende Aufgabe, wie Kolbe rückblickend versicherte. Doch in der Funktionärsriege wehte dem Norddeutschen jahrelang ein harter Wind entgegen. Seine hanseatisch unterkühlte Art wurde bei den Verbandsherren oft falsch verstanden, ihm bisweilen persönlich übel genommen. Zudem strich er ein Jahr nach der Wiedervereinigung den Übungsleiterstab im Osten von 200 hauptamtlichen Trainern auf ein "gesundes, wirtschaftlich tragbares Maß" zurück, wie Kolbe es damals formulierte. Am Ende der "Rasur" gab es nur noch 15 Berufstrainer im Osten - sehr zum Ärger der Landesverbände.

Rückkehr nach 25 Jahren

Ex-Ruder-Weltmeister Peter-Michael Kolbe - © NDR/Uwe Ernst © NDR/Uwe Ernst
Der Hamburger lebt nach seiner Rückkehr aus Oslo jetzt in Lübeck.

Der gelernte Industriekaufmann heiratete 1980 Aina Moberg, eine ehemalige norwegische Eisschnelllauf-Meisterin und Sportjournalistin, die er bei einem Interview kennengelernt hatte. Anfang 1982 zog der Ausnahmeathlet mit seiner Familie in die norwegische Hauptstadt Oslo. Dort arbeitete er zunächst im Verkaufsbüro der norwegischen Niederlassung eines deutschen Kugellagerherstellers, anschließend war er Exportleiter für eine Klimaanlagen-Firma. Doch den Hamburger zog es zurück in seine norddeutsche Heimat. 2004 trennte er sich von seiner Frau Aina. Nachdem seine neue Partnerin an Krebs gestorben war, kehrte Kolbe 2007 zurück nach Norddeutschland und heiratete 2011 in Lübeck seine ehemalige Nationalmannschafts-Ruderkollegin Karin Kaschke.

2016 wurde Kolbe als "Skuller-Phänomen" als vierter Ruderer in die "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen.

Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 02.08.2013 | 08:25 Uhr

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