Stand: 21.03.2009 18:17 Uhr

THW-Affäre: Kiel gerät immer stärker unter Druck

Die Staatsanwaltschaft Kiel hat im Zusammenhang mit den Manipulationsvorwürfen gegen den deutschen Handball-Meister THW Kiel am Freitag bundesweit Durchsuchungen vorgenommen - und ermittelt auch im Ausland. Dies berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). So soll die Behörde Rechtshilfeersuchen nach Polen und Kroatien gestellt und auch Kontoauszüge vorliegen haben. "Zu Einzelheiten kann ich keine Stellung nehmen", sagte Oberstaatsanwalt Uwe Wick am Sonnabend und fügte an: "Aber die Länder, um die es geht, liegen auf der Hand." Dem Club wird vorgeworfen, seit 2000 bei zehn Partien in der Champions League Schiedsrichter bestochen zu haben. Der Finalerfolg gegen die SG Flensburg-Handewitt 2007 soll mit 96.000 Euro erkauft worden sein. Gegen THW-Manager Uwe Schwenker ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue. Dem ehemaligen Coach des Rekordmeisters, Noka Serdarusic, wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Laut SZ gehen Ermittlerkreise davon aus, "dass belastbare Beweise zutage gefördert werden".

Auffällige Bargeldabbuchungen im Jahr 2008

Laut Nachrichtenmagazin "Spiegel" gingen 92.000 Euro auf das Konto des Kroaten Nenad V., der ein guter Freund von Serdarusic ist. V. steht im Verdacht, als Mittelsmann an Bestechungen beteiligt gewesen zu sein. Laut "Spiegel" steht auch das Halbfinale der Kieler gegen Portland San Antonio im Jahr 2007 unter Manipulationsverdacht. V. bestritt gegenüber dem Nachrichtenmagazin alle Vorwürfe. Nach Spiegel-Informationen befinden sich zudem in den Bankunterlagen des THW Kiel zwei auffällige Bargeldabbuchungen aus dem Jahr 2008. Kurz vor dem entscheidenden Vorrundenspiel Mitte März gegen Ademar Leon, bei dem es um den Einzug ins Halbfinale ging, wurden rund 20.000 Euro in bar abgebucht. Im Umfeld des Halbfinales gegen Barcelona waren es sogar rund 40.000 Euro. Beide Spiele gewann der Rekordmeister. Ex-THW-Trainer Serdarusic hat nach Aussage seines Verteidigers noch keine Akteneinsicht erhalten. "Nach der Akteneinsicht wird es eine Aussage geben", betonte Serdarusic-Anwalt Erich Samson am Sonnabend. Noch habe er aber nicht mit der Staatsanwaltschaft in Kiel gesprochen.

Butzeck entlastet Schwenker 

Vernommen wurde am Freitag auch Gerd Butzeck, Generalmanager der Group Club Handball, einer Vereinigung der führenden europäischen Handballvereine. Der Manager war im Sommer 2007 bei einem Treffen auf der mallorquinischen Finca von HSV-Präsident Andreas Rudolph anwesend. Dort soll Schwenker Manipulationen gestanden haben. Butzeck konnte dies nicht bestätigen. "Nach mehreren Flaschen Wein und Whisky in lustiger Herrenrunde kam irgendwann die Sprache auf die Schiedsrichter. Uwe Schwenker hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, das Finale gegen Flensburg verschoben zu haben, denn da hätten wir nicht drüber gelacht", wird Butzeck in den "Kieler Nachrichten" zitiert.

EHF prüft Kieler CL-Partien 

Nach langer Untätigkeit hat auch der europäische Verband EHF mittlerweile Ermittlungen aufgenommen. Die Champions-League-Partien des THW Kiel seit 2000 werden einer Videoanalyse unterzogen. Zudem hat der Verband Fragebögen an 300 Schiedsrichter und 150 Delegierte verschickt. In den vergangenen Wochen haben mehrere Funktionäre und Schiedsrichter von Bestechungsversuchen berichtet. Unterdessen kündigte der Schiedsrichterwart des Deutschen Handballbundes (DHB), Peter Rauchfuß, nach der Kritik am Schiedsrichtersystem erste Konsequenzen für die Bundesliga an. Von Mitte Mai an sollen die Mannschaften nicht mehr vor den Spielen erfahren, wer die Partie leiten wird. "Es gibt dann nur noch kurzfristige Ansetzungen", meinte Rauchfuß im "Focus".

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Sport aktuell | 21.03.2009 | 18:25 Uhr

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