Werder Bremen: Ex-Münchner sichern Bayern-Coup und wollen nachlegen

Stand: 22.01.2024 10:56 Uhr

Fußball-Bundesligist Werder Bremen ist auch dank der Ex-Münchner Mitchell Weiser und Michael Zetterer der verdiente Coup beim FC Bayern gelungen. Nach dem Hochgefühl der "Bonus-Punkte" stehen nun die Wochen der Wahrheit im Kampf um den Klassenerhalt an.

von Tobias Knaack

SVW-Torhüter Zetterer hatte alles vorhergesehen. Vor der Partie der Grün-Weißen beim Rekordmeister hatte er sich auf der Club-Homepage einen "Zu-Null-Sieg" gewünscht. Zudem war er zum "Experten-Tipp" eines Sponsors gebeten worden und prophezeite dort: "Es wird ein richtig ekliger 1:0-Sieg für uns." Mit dem Ergebnis lag der gebürtige Münchner also goldrichtig. Nur "eklig" war der unerwartete Erfolg - der erste Seit 15 Jahren gegen die Bayern - keineswegs.

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Weisers Brillanz sorgt für Bremer Sieg

Vielmehr erarbeiteten und erkämpften sich die Norddeutschen den Sieg nicht nur - sie erspielten ihn sich auch. Weil sie immer wieder Lösungen gegen das Pressing der Bayern fanden und sich insbesondere im ersten Durchgang mit schnellen Pass-Stafetten vor das Tor von Manuel Neuer kombinierten. So etwa bei Justin Njinmahs vermeintlichem Führungstreffer in der 25. Minute, der allerdings der Überprüfung durch den VAR nicht standhielt. Bei der vorherigen Balleroberung in der Bremer Hälfte hatte Jens Stage Nationalspieler Jamal Musiala gefoult.

Und so war es einem ehemaligen Profi des FC Bayern vorbehalten, den Treffer des Tages zu erzielen: Weiser. Und das Tor des 29-Jährigen war ein Sinnbild der Werder-Spiels an diesem Sonntag in München. Es zeugte von Laufbereitschaft, Durchsetzungskraft, Überzeugung und auch einem Schuss Finesse. Nach einem langen Sprint setzte sich Weiser mit einem eleganten Haken gegen Linksverteidiger Alphonso Davies durch und nagelte den Ball mit einem satten Schuss über Manuel Neuer hinweg ins kurze Eck.

Werner lobt den "Unterschiedsspieler

"Wenn du gegen die Bayern ein Tor schießt, das dann auch noch zum Sieg reicht, ist das natürlich nochmal ein anderes Thema", sagte der Torschütze. "Ich nehme mir immer vor, Aktionen zu haben, die ein Spiel entscheiden können."

Für Trainer Ole Werner kam Weisers Treffer nicht überraschend, "weil es eine außergewöhnlich starke Leistung offensiv und defensiv war. Er ist für uns einfach ein Unterschiedsspieler."

Werder Bremens Trainer Ole Werner ballt die Faust. © IMAGO / MIS
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Woltemade und Njinmah ergänzen sich gut

Werner hatte im Sturm etwas überraschend Nick Woltemade den Vorzug vor Rafael Borré gegeben und sein Team optimal eingestellt. Die Mannschaft war von der ersten Minute an extrem bissig und hatte ein exzellentes Positionsspiel sowie eine gute Zweikampfhärte gegen das Tempo der Bayern. Immer wieder eroberten sie so auf den Außenbahnen oder im zentralen Mittelfeld den Ball - und waren dann in wenigen Zügen tief in der Hälfte des FCB.

Woltemade und Njinmah harmonierten im Angriff hervorragend. Woltemade war immer wieder aus dem Mittelfeld heraus anspielbar, ließ Bälle klatschen und verteilte sie. Njinmah brachte dem Spiel mit seinem Tempo Tiefe. Und im zentralen Mittelfeld verdienten sich Stage, Senne Lynen und Romano Schmid Bestnoten, weil sie es nicht nur verstanden, das Bayern-Mittelfeld lahmzulegen, sondern über Woltemade und Njinmah selbst Angriffe inszenierten.

Weiser und Werder verhandeln Vertragsverlängerung

"Wir hatten einen perfekten Tag und dann kann man auch die Bayern schlagen", sagte Torschütze Weiser, der für die Bayern einst 13 Bundesliga-Spiele machte und dabei einmal traf. Über Hertha BSC und Leverkusen war er 2021 - zunächst als Leihspieler - an die Weser gekommen.

Besser hätte sich der gebürtige Rheinländer für die Vertragsverhandlungen nun nicht positionieren können. Sein Arbeitspapier läuft zum Ende der Saison aus. Gespräche über eine mögliche Verlängerung der Zusammenarbeit mit Werder sollen laut Spieler und Verein in "naher Zukunft" stattfinden.

"Wahnsinn, dass man bei so einem Moment dabei sein darf." Michael Zetterer, gebürtiger Münchner und Werder-Torwart

Neben Weiser überzeugte in Zetterer ein weiterer Werder-Profi mit Bayern-Bezug. Früher war er mit seinem Vater als Zuschauer in der Münchner Arena. Den Sieg gegen den FC Bayern am Sonntag verfolgte seine ganze Familie auf der Tribüne. "Wahnsinn, dass man bei so einem Moment dabei sein darf", sagte Zetterer nach dem Spiel, in dem er wiederholt in den Fokus rückte. "Wenn man hier gewinnen will, muss der Torwart auch einen guten Tag erwischen."

Diesen guten Tag hatte der Schlussmann. In der ersten Hälfte war Zetterer zwar nur einmal richtig gefordert, parierte dort aber genauso souverän wie bei den vielen weiteren Bayern-Situationen in der zweiten Spielhälfte. Besonders den Kopfball des Münchner Jokers Mathys Tel (87. Minute) lenkte er mit einem starken Reflex gegen den Pfosten und sicherte damit seiner Mannschaft den Sieg.

Nach dem Bayern-Coup folgen die Wochen der Wahrheit

"Je länger die Null steht, desto größer wird die Tür, durch die man durchgehen kann", sagte Zetterer. "Weil wir hier seit so langer Zeit nicht mehr gewonnen haben, tut es doppelt gut, dass diese Serie ein Ende gefunden hat."

Wenig später aber richtete er den Blick bereits nach vorn: "Auf dieser Leistung können wir aufbauen und sie sollte uns Rückenwind geben", sagte der Torhüter. Zetterer hofft auf einen Boost für Werders Wochen der Wahrheit. Nach dem Heimspiel gegen den Tabellensiebten SC Freiburg am Sonnabend (15.30 Uhr, im NDR Livecenter) geht es in den kommenden Wochen mit Mainz, Heidenheim, Köln und Darmstadt ausnahmslos gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf.

Sinne schärfen nach dem Sieg

Werder hat sich dank des unerwarteten Dreiers bei den Bayern mit jetzt neun Zählern Vorsprung auf Relegationsrang 16 in eine sehr komfortable Position gebracht. Doch gerade die blutleeren Hinrunden-Pleiten gegen Heidenheim und Darmstadt (jeweils 2:4), die jeweils auf überzeugende Erfolge gegen Mainz und Köln gefolgt waren, sind noch in schmerzhafter Erinnerung - stehen sie doch stellvertretend für die teils extrem wankelmütigen Leistungen der Bremer in dieser Saison.

Aus Werder-Sicht gilt es nach den Bonus-Punkten also umso mehr, die Sinne zu schärfen. "Der Sieg ist schön, aber er bringt nicht viel, wenn du dann nicht nachlegst", sagte Zetterer, den Werder künftig vielleicht auch häufiger nicht nur im Tor, sondern auch als Orakel einsetzen sollte.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 21.01.2024 | 22:50 Uhr

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