Stand: 21.05.2012 15:48 Uhr
|
Archiv
Am 23. Mai 1992 schrieb Hannover 96 Fußball-Geschichte: Die Niedersachsen gewannen den DFB-Pokal - als erster und bislang einziger Zweitligist.
Bild vergrößern
Die Spieler von Hannover 96 feiern den Gewinn des DFB-Pokals 1992.
Seit 1952 lässt der der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den DFB-Pokal ausspielen (zuvor gab es von 1935 bis 1943 als Vorläufer den "Tschammer-Pokal") - seitdem hat in 60 Endspielen lediglich ein einziges Mal ein Zweitligist die Trophäe gewonnen: Hannover 96, das sich vor 20 Jahren gegen den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach durchsetzte. Zwar erreichte 1970 mit Kickers Offenbach ebenfalls ein Zweitligist das Finale, doch den Titelgewinn feierten die Hessen als Bundesligist. Das Endspiel wurde wegen der Weltmeisterschaft in Mexiko erst in der neuen Saison am 29. August ausgetragen.
Hannovers Weg zum Triumph
In der ersten Runde des DFB-Pokals muss 96 nach Berlin-Neukölln zu Marathon Berlin. Bei den Amateuren fahren die favorisierten Niedersachsen einen ungefährdeten 7:0-Sieg ein. Dreifacher Torschütze: Mittelfeldmann Martin Groth.
In Runde zwei wartet im August 1991 mit dem VfL Bochum bereits der erste Bundesligist auf die "Roten". Der VfL ist in der Liga noch ohne Sieg und auch gegen Zweitligist 96 setzt es eine Niederlage. Hannover gewinnt mit 3:2 im Ruhrstadion. Die zwischenzeitliche 2:1-Führung erzielt der erst 20-jährige Niclas Weiland.
Am 3. September müssen die Niedersachsen in der dritten Runde ins Westfalenstadion nach Dortmund. Eine fast unlösbare Aufgabe - doch 96 gewinnt auch das dritte Auswärtsspiel im Pokal. Nach einem 0:2 zur Pause erzielt der vor der Saison aus der eigenen Jugend gekommene Andre Breitenreiter (l.) in der 82. Minute den 2:2-Ausgleich. Kurz vor Schluss dreht Hannover das Spiel und gewinnt mit 3:2.
Erst im Achtelfinale steht das erste Heimspiel in der niedersächsischen Landeshauptstadt an. Helmut Rahner (vorne) und Zweitligist Bayer Uerdingen sind zu Gast in Hannover. Es gibt keinen klaren Favoriten: Beide Mannschaften sind in der Liga punktgleich.
Am Ende jubeln wieder 96-Trainer Michael Lorkowski und seine Mannschaft. Ein Tor von Patrick Grün in der 37. Minute bringt Hannover in die Runde der letzten Acht.
Nur noch zwei Siege ist Hannover von Berlin entfernt. Vor 29.000 Zuschauern steht es im Niedersachsenstadion gegen den Bundesligisten Karlsruher SC im Viertelfinale lange Zeit 0:0.
Doch in der 70. Minute überwindet 96-Abwehrspieler Mathias Kuhlmey (nicht im Bild) KSC-Keeper Oliver Kahn (r.) aus kurzer Distanz - 1:0 und der Zweitligist steht im Halbfinale.
Hier bekommen die Niedersachsen den Titelverteidiger aus Bremen zugelost. Gegen die Mannschaft von Trainer Otto Rehhagel (r.) hält der Underdog aus Hannover wieder lange ein 0:0.
In der Verlängerung bringt Michael Koch (l.) den Außenseiter mit 1:0 in Führung. Doch der Norweger Rune Bratseth kann in einem packenden Spiel für Werder das 1:1 erzielen. Das Nordduell geht ins Elfmeterschießen.
Vom Punkt zeigt der Zweitligist die besseren Nerven: Mit 6:5 gewinnt Hannover gegen Titelverteidiger Werder Bremen und zieht ins Finale in Berlin ein. Den entscheidenden Elfmeter verwandelt Keeper Jörg Sievers (nicht im Bild).
Die Sensation ist perfekt: Der Zweitligist aus Niedersachsen steht im DFB-Pokalfinale in Berlin. Der Gegner von Hannover ist Borussia M'gladbach, das gerade die Bundesligasaison als 14. abgeschlossen hat. Es ist ein denkwürdiges Datum für die "Roten": Vor genau 38 Jahren ist Hannover zuletzt deutscher Meister geworden.
Für zehn Mark zum Pokalfinale: Ein Sitzplatz ist 1992 noch für kleines Geld zu haben - Original-Eintrittskarte von damals.
Die Fans der Gladbacher sind sich anfangs ziemlich sicher, dass ihre "Fohlen" gegen 96 die Oberhand behalten werden.
Hannover ist klarer Außenseiter gegen Holger Fach (r.) und Co. Dennoch schafft es 96 wieder einmal, lange ein 0:0 zu halten. Winterneuzugang Milos Djelmas (l.) beschäftigt vorne immer wieder die Gladbacher Defensive...
... und hätte den Zweitligisten um ein Haar in Führung gebracht - doch Borussen-Keeper Uwe Kamps (Mitte) macht eine starke Partie im Gladbacher Tor.
Michael Lorkowskis Mannschaft ist dem Bundesligisten ebenbürtig und spielt mutig nach vorne. Nach 90 Minuten steht es 0:0 und auch in der Verlängerung fallen keine Tore - es geht ins Elfmeterschießen.
96-Keeper Jörg Sievers avanciert wie schon im Halbfinale gegen Werder Bremen zum Helden - er pariert die Schüsse von Karl-Heinz Pflipsen und Holger Fach...
... und Michael Schjönberg (r.) schickt Uwe Kamps beim entscheidenden Elfmeter in die falsche Ecke - 4:3 und das Spiel ist vorbei.
Hannover gewinnt das Pokalfinale in Berlin und Kapitän Karsten Surmann (l.) streckt die Trophäe in den Berliner Himmel. Held Sievers (2.v.l.) kann es noch nicht glauben.
Der Triumph Schwarz auf Weiß: Mannschaft und Fans trauen ihren Augen kaum.
Der Rathausplatz in Schwarz-Weiß-Grün: 50.000 Fans bereiten der Mannschaft am darauf folgenden Tag einen berauschenden Empfang in der Innenstadt von Hannover.
Torwart Jörg Sievers hat den "Pott" mitgebracht und präsentiert ihn den Fans. Hannover 96 ist bis heute der einzige Zweitligist, der den DFB-Pokal gewinnen kann.
Historisches Datum
Für die Pokalsensation haben sich die Hannoveraner ein aus Vereinssicht perfektes Datum "ausgesucht". Das Endspiel in Berlin fand am 23. Mai 1992 statt - an einem 23. Mai hatten die Niedersachsen 38 Jahre zuvor ihren letzten großen Titel geholt - ebenfalls als Außenseiter. Mit einem fulminanten 5:1 über den hohen Favoriten 1. FC Kaiserslautern, aus dessen Reihen wenige Wochen später fünf Spieler durch das "Wunder von Bern" Weltmeister wurden, gewann Hannover 96 sensationell die deutsche Meisterschaft.
Bochum erstes prominentes Opfer
Bild vergrößern
Hannovers Trainer Michael Lorkowski wechselte nach dem Pokalsieg zum FC St. Pauli.
Auf dem Weg zum überraschenden Pokalgewinn 1992 räumt der Underdog aus der niedersächsischen Landeshauptstadt fünf Bundesligisten aus dem Weg. Das erste prominente Opfer ist nach dem leichten Aufgalopp bei Marathon Berlin in Runde zwei der VfL Bochum. Bei den Westfalen setzt sich das Team von Trainer Michael Lorkowski mit 3:2 durch. Ein erstes Ausrufezeichen, getoppt nur noch durch den Lokalrivalen TSV Havelse, der als Drittligist in der gleichen Runde den Bundesligisten 1. FC Nürnberg nach Elfmeterschießen aus dem Rennen wirft.
Sensation im Westfalenstadion
Doch während Havelse in der dritten Runde sang- und klanglos in Bamberg ausscheidet, startet Hannover 96 richtig durch. Auch Borussia Dortmund scheitert im eigenen Stadion mit 2:3 an dem Pokalschreck aus der Zweiten Liga. Der Bundesliga-Tabellenführer liegt zur Halbzeit mit 2:0 vorne, doch Patrick Grün, André Breitenreiter und Jörg-Uwe Klütz drehen die Partie. 96 ist in der Saison die einzige Mannschaft, die im Westfalenstadion gewinnen kann. Im Achtelfinale hat Hannover erstmals Heimrecht, Liga-Konkurrent Bayer Uerdingen wird durch ein Grün-Tor mit 1:0 bezwungen. Mit dem gleichen Ergebnis schicken die "Roten" einen Monat später den Erstligisten Karlsruher SC nach Hause. Mathias Kuhlmey erzielt das Tor des Abends.
Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell |
11.05.2012 | 16:25 Uhr