Als sich der HSV 1983 zum Europacup-Sieger krönte

Stand: 23.05.2023 15:13 Uhr

Der Hamburger SV holt 1983 die wichtigste Trophäe im europäischen Vereinsfußball: den Europacup der Landesmeister. Im Endspiel von Athen besiegt der HSV den großen Favoriten Juventus Turin. Felix Magath erzielt das Siegtor.

von Sebastian Ragoß

Am 25. Mai 1983 ist der Hamburger SV auf Europas Fußball-Gipfel angelangt. Kapitän Horst Hrubesch und Ditmar Jakobs stemmen nach dem 1:0-Erfolg gegen Juventus Turin den Europacup der Landesmeister in den Athener Nachthimmel.

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Horst Hrubesch, Felix Magath und Manfred Kaltz (v.l.) in Athen 1983 © Witters Foto: Wilfried Witters

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Der Sieg gegen die Elf von Trainer Giovanni Trapattoni ist eine große Überraschung. Schließlich spielen bei Juventus sechs italienische Weltmeister von 1982 sowie der polnische Mittelfeldstar Zbigniew Boniek und der Franzose Michel Platini, damals der überragende Fußballer in Europa. 

Magath: Hatten nichts zu verlieren

"Man hatte sich darauf vorbereitet, gegen eine Übermannschaft zu spielen. Das Gute an so einer Situation ist, dass du nicht der Favorit bist und nichts zu verlieren hast. Mit dieser Einstellung und Stimmung sind wir ins Spiel gegangen", erinnert sich Siegtorschütze Felix Magath 40 Jahre später im Gespräch mit dem NDR.

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Felix Magath im HSV-Trikot stemmt glorifiziert den Pokal der Landesmeister vor einer rot beleuchteten Akropolis in die Höhe. © NDR Foto: picture alliance/Bildagentur-online/Rossi; Sven Simon

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Gleiches betont Teamkollege Bernd Wehmeyer: "Eigentlich hat keiner einen Pfifferling auf uns gegeben, außer uns selbst und den HSV-Fans."

Trainergenie Happel: "Muss a Leben in der Brauerei sein"

Doch, wie heißt es so schön: In einem Spiel ist alles möglich. Vor allem für ein Team, das von Ernst Happel trainiert wird.

Der Österreicher hat das Flair eines grimmigen Filmstars: Happel liebt das Glücksspiel, raucht Kette, trinkt seinen Kaffee mit Weinbrand und sitzt zu Hause jeden Tag bis zum Sendeschluss vor dem Fernseher.

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Die HSV-Mannschaft vor dem Europacup-Finale 1983 © picture-alliance / Sven Simon

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Medienarbeit hasst er so sehr wie Niederlagen, und nicht selten bestehen seine Pressekonferenzen aus lediglich drei oder vier Sätzen. "Schreiben S', was woll'n. Is' mir eh wurscht", fährt der "Grantler" gelegentlich Journalisten an.

Vor allem aber ist Happel ein Trainergenie. Er lässt den HSV einen modernen Fußball spielen, der seinesgleichen sucht: mit Raumdeckung, Pressing, Abseitsfalle - und immer offensiv. "Männer, wenn wir den Ball haben, muss a Leben in der Brauerei sein. Da musste die Post abgehen", erinnert sich Wehmeyer an die etwas eigenwillig formulierte Vorgabe seines Coaches. 

Hrubesch vor dem Finale gegen Juventus: "Die hauen wir weg"

Happel formt den HSV zu einer Fußball-Maschine, die fast immer auf Hochtouren läuft und starke Charaktere vereint. "Das Hauptmerkmal war, dass wir viele Spieler in der Mannschaft hatten, die nicht verlieren konnten wie ich oder Uli Stein zum Beispiel", betont Magath.

Warum sollte sie nicht auch gegen Juventus Turin eine Chance haben? "Horst Hrubesch hat gesagt: Die hauen wir weg", so Wehmeyer. Und natürlich hat Happel einen Plan, wie dies gelingen soll.

Auch gegen Juventus setzt er auf die vertraute Raumdeckung - mit einer Ausnahme: Turins Regisseur Platini wird während der gesamten 90 Minuten manngedeckt und so zum Mitläufer degradiert.

Siegtor fällt schon in der achten Minute

"Ich wäre am liebsten nach einer Stunde rausgegangen", gibt der frustrierte Franzose nach dem Abpfiff zu Protokoll.

Schon in der achten Minute fällt das entscheidende Tor. Magath lässt mit einer Finte Roberto Bettega aussteigen und überwindet Keeper Dino Zoff mit einem Schuss vom linken Strafraumeck.

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"Der Ball flog und flog, so, dass er nicht zu halten war, genau oben in den Winkel. Aber mein erster Gedanke war: Oh scheiße, zu früh, denn es war noch lang, lang zu spielen", erinnert sich Magath.

Der HSV lässt sich den Vorsprung aber nicht mehr nehmen. Er dominiert die Begegnung über weite Strecken und bejubelt schließlich den größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Selbst der stets reservierte Happel zeigt Emotionen. "Das war wohl meine größte Stunde als Trainer."

Wenig später auch deutscher Meister

Zeit, den Triumph ausgiebig zu feiern, gibt es nicht. Schon drei Tage später müssen die Hamburger am vorletzten Bundesliga-Spieltag gegen Borussia Dortmund antreten - heute fast unvorstellbar.

Statt sich über den eigentlich unangemessenen Spielplan zu beschweren, nimmt der HSV die Euphorie einfach mit. Vor dem Anpfiff präsentiert er auf einer Ehrenrunde die Landesmeister-Trophäe, anschließend wird der BVB mit 5:0 abgefertigt.

Und eine Woche später behalten die Hamburger auch bei Schalke 04 die Nerven, gewinnen mit 2:1 und feiern nach dem Europacup-Erfolg auch die deutsche Meisterschaft. "Das war der größte Erfolg jedes Einzelnen, aber auch vom Hamburger SV", sagt Magath mit Blick auf die Saison 1982/1983.

Der HSV schien Bayern München als führende Kraft im deutschen Fußball abgelöst zu haben. Anschließend begann allerdings der zunächst schleichende und später rasante Abstieg. Doch das ist eine andere Geschichte.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 21.05.2023 | 22:50 Uhr

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