Standing Ovations für "Hannover Proms"
Der Applaus und die Standing Ovations wollten gar kein Ende nehmen, bei den Musikern sah man hier und da feuchte Augen: Mit einem fulminanten "Hannover Proms"-Konzert starteten die NDR Radiophilharmonie und Chefdirigent Andrew Manze in die neue Saison. Das Konzert lockte nicht nur 3.500 Gäste in den Kuppelsaal, rund 5.000 schauten sich das Spektakel zudem kostenlos über eine Großleinwand im Stadtpark an, die Generalprobe verfolgten bereits 2.000 Besucher. Schon lange vor Beginn der Liveübertragung hatten es sich Musikfreunde bei Frikadellen, Obst und Wein zum Picknick gemütlich gemacht. Manche waren bereits zum zweiten Mal da: Die "Hannover Proms"-Premiere vor zwei Jahren hatte sie so begeistert, dass sie wieder dabei sein wollten.
Sommerlaune und "Hannover Proms"-Feeling
Gut vorbereitet waren sie: Viele hatten sich Klappstühle mitgebracht, einige machten es sich auf Picknickdecken gemütlich, manche hatten sogar einen Tisch für ihre Köstlichkeiten aufgebaut. Mit ein paar britischen und amerikanischen Utensilien konnte das "Hannover Proms"-Feeling kommen. Schließlich wollte man auch London Konkurrenz machen. "Wir haben Andrew Manze, damit sind wir unschlagbar gegenüber London", meinte ein Parkbesucher zuversichtlich. Das herrliche Sommerwetter machte den Abend perfekt, und so übertrug sich die gute Laune aus dem Saal direkt in den Park: Auch hier war der Applaus groß, bei Sousas "Stars and Stripes Forever" klatschten die Parkbesucher mit, während bei Barbers emotionalem Adagio andächtige Stille herrschte.
Temporeiche Musik
Beste Stimmung garantierte die NDR Radiophilharmonie mit einer temporeichen Bandbreite an amerikanischer Musik von fetzig bis gefühlvoll: Es war sogar noch eine Steigerung zur Generalprobe am Vorabend zu hören, jetzt gaben die Musiker alles. Der Pianist Makoto Ozone brillierte genussvoll mit seinen Jazzimprovisationen in Gershwins Rhapsody in Blue. Und wer nicht schon ein Fan von der Sopranistin Angel Blue war, hat sich sicherlich spätestens bei ihrer mitreißend ausdrucksvollen Interpretation von Liedern Gershwins und Berlins in ihre Stimme verliebt. Mit seiner launigen Moderation sorgte Andrew Manze für die entsprechende Unterhaltung. Er schwärmte vom hannoverschen Publikum und stachelte es an, es jetzt "mal der ganzen Welt zu zeigen": Zum großen Finale mit Elgars "Pomp and Circumstance" sang der ganze Saal ausgelassen "Land of Hope and Glory" und schwenkte mit Fähnchen.
Ein Statement für Europa
Mitsingen und Fähnchen-Schwenken gehört zu "Hannover Proms" einfach dazu. Aber diesmal war etwas anders als vor zwei Jahren: Das Publikum schwenkte nämlich Europa-Fähnchen. Die Idee kam Andrew Manze ganz bewusst als Reaktion auf die Brexit-Ereignisse: "Ich bin wirklich unglücklich über den Brexit, ich fühle mich geradezu beschämt. Daher will ich diesmal gar nicht, dass britische Fähnchen geschwenkt werden, diesmal müssen wir einfach europäische Fähnchen nehmen."
Auftakt in die dritte Saison
Andrea Zietzschmann, die Leiterin des Bereichs Chor und Orchester des NDR, freute sich nach dem Konzertereignis: "Es war ein wunderbarer Saisonstart, das Format der "Hannover Proms" verdanken wir Andrew Manze. Für das Orchester ist die Zusammenarbeit mit ihm eine Erfolgsgeschichte, die nun fortgeführt wird." Für Andrew Manze war es der Auftakt in seine dritte Saison mit der NDR Radiophilharmonie: "The end of the beginning" hat er es genannt. Inzwischen haben sie sich sehr gut kennengelernt und wissen nun, wie sie am besten miteinander arbeiten. "Jetzt kann man in die Tiefe gehen und an Schwierigkeiten arbeiten", meint Manze und ergänzt sofort, dass das Einarbeiten mit der NDR Radiophilharmonie viel schneller gegangen sei als woanders, da man gleich auf einer Wellenlänge gewesen sei.
