Trauma statt Entspannung: Sexuelle Übergriffe bei Massagen
Am Dienstag hat das Lübecker Landgericht einen Masseur wegen eines sexuellen Übergriffs während einer Behandlung verurteilt. Das ist bei solchen Fällen eher die Ausnahme, sagen Frauenberatungsstellen.
Die Dunkelziffer bei sexualisierter Gewalt ist hoch: Laut einer Studie des Bundeskriminalamtes von 2022 werden nur etwa 1% aller sexuellen Übergriffe angezeigt. Die Massage-Situation macht es für die Betroffenen noch schwieriger: Meist befanden sie sich mit dem Täter allein in einem Raum, es gibt keine weiteren Zeugen für den Vorfall. Bei Prozessen steht dann Aussage gegen Aussage - und für die Betroffenen hängt alles an ihrer Glaubwürdigkeit. Dafür müssen sie sich möglichst detailliert und konkret erinnern, den Übergriff wieder und wieder durchleben. Das ist eine große Belastung in den Monaten oder sogar Jahren zwischen der Tat und dem abschließenden Urteil, so Operschutzvertreter.
Schleichende Grenzüberschreitung
Hinzu kommt, dass die Betroffenen sich ja freiwillig in die Hände des Masseurs begeben haben: "Körperliche Berührungen gehören zur Massage dazu, und vielleicht hat die Frau dann irgendwann das Gefühl, hier stimmt was nicht, hier werden Grenzen überschritten. Aber das passiert oft schleichend und man verpasst vielleicht den Moment, klar 'Stopp' zu sagen", erklärt eine Sprecherin des Bundesverbandes Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt e.V. So erging es auch der Betroffenen im Lübecker Fall: Laut Aussage der Urlauberin habe der Masseur sich im Sommer 2021 "langsam vorgearbeitet", sodass ihre Bikinihose verrutschte. Als er sie dann im Intimbereich berührte, fiel sie in Schockstarre, war "wie eingefroren".
Recht für die Betroffene
Fünf Tage nach dem Vorfall zeigte sie ihn an. Seitdem muss sie wieder und wieder erzählen, was sie bei der Massage erlebt hat. Vergangenes Jahr wurde der freiberufliche Masseur dann vom Amtsgericht Eutin zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und 1.800€ Geldstrafe verurteilt. Danach legte er Berufung ein. Mehr als ein Jahr später hat das Landgericht Lübeck die Aussagen zum Geschehen im Sommer 2021 angehört - und der Betroffenen Glauben geschenkt. Der Masseur wurde daher auch in zweiter Instanz wegen sexuellen Übergriffs verurteilt, mit leicht verringertem Strafmaß: Acht Monate auf Bewährung und er muss 1800 € in Raten an den Frauennotruf Lübeck zahlen. Grund für die Reduzierung sind laut Gericht die lange Verfahrensdauer und die Tatsache, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und seit dem ersten Urteil berufsunfähig ist.
