Corona: Welche Regeln Ex-Minister Garg nun kritisch sieht

Stand: 05.09.2023 05:00 Uhr

Masken-Pflicht, Betretungsverbote, 2G/3G - die Corona-Pandemie war eine Zeit der Einschränkungen und Verbote. Rund dreieinhalb Jahre nach Beginn blickt Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg selbstkritisch auf das Pandemiemanagement zurück.

von Anna Grusnick

Laut Garg ist vieles im Land gut gelaufen, einiges würde er aus heutiger Sicht anders entscheiden, sagte der FDP-Politiker im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein.

Garg: Würde heute Alten- und Pflegeheime nicht so "abriegeln"

"Extrem angespannt" sei die Zeit damals gewesen, so Garg. "Niemand wusste genau, was auf uns zukommt." Dass die Pandemie so heftig werde und so lange dauern werde, damit habe er zu Beginn nicht gerechnet. Der ehemalige Gesundheitsminister betonte, müsste er mit dem Wissen von heute noch einmal entscheiden, würde er die Alten- und Pflegeheime nicht so abriegeln, wie es damals passierte: "Und das war de facto ja ein Abriegeln der Alten- und Pflegeheime, dass kaum noch Besuche für die alten Menschen möglich waren." Garg sagt rückblickend, zum Leben gehöre nicht nur, dass man sich nicht nur mit einem Virus infiziert, sondern eine ganze Menge mehr.

Anderer Umgang mit Kitas und Schulen

Auch Schulen und Kitas würde Garg anders behandeln. "Denn richtig ist ja, dass von dem Virus und von der Krankheitsschwere vor allem ältere und hochbetagte Menschen besonders betroffen waren. Aber von den Maßnahmen waren auch und vor allem jüngere Menschen besonders betroffen." Aus heutiger Sicht würde man das mit Sicherheit als Fehler bezeichnen, so Garg. Er warnte aber vor "Klugscheißerei" mit dem Wissen von heute.

Umgang mit Zweitwohnungsbesitzern damals "völlig überzogen"

Es sei außerdem "völlig überzogen" gewesen, Zweitwohnungsbesitzer in Schleswig-Holstein nicht in ihr Eigentum zu lassen. Und Garg betonte, er sei immer noch der Meinung, dass jeder Tag einer Ausgangssperre in Deutschland vollkommen überflüssig gewesen sei und nannte diese eine unverhältnismäßige Einschränkung von Freiheitsrechten. So etwas müsse aufgearbeitet werden. Es müsse überlegt werden, wie man in Zukunft mit solchen Situationen umgehe. Man habe jetzt die Chance es zu betrachten und beim nächsten Mal besser zu machen, so der FDP-Politiker.

"Würde teilweise anders kommunizieren"

Heiner Garg betonte, auch in der Form, wie er zum Teil kommuniziert habe, würde er etwas ändern - gerade beim umstrittenen Thema der Corona-Impfung. "Auch ich würde nach wie vor sehr intensiv für das Impfen werben, aber auch ich weiß, dass ich ab und an Formulierungen gebraucht habe, die andere Menschen mehr oder weniger zum Impfen gedrängt haben." Aus heutiger Sicht würde er bestimmte Formulierungen, durch die Menschen sich zurückgesetzt fühlen, so nicht mehr wählen, räumt Garg ein. "Mir muss ihre Einstellung nicht passen, aber in einer freiheitlichen Demokratie muss man damit leben, dass es Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen möchten."

Ex-Gesundheitsminister Garg fordert Enquete-Kommission zur Aufarbeitung

Garg sagt, man müsse aus der Pandemie lernen und für das nächste Mal die Konsequenzen daraus ziehen. Unter anderem sei es wichtig, dass eine weltweite Gesundheitssituation in der Bundesrepublik etwas einheitlicher angegangen wird. "Mit Expertinnen und Experten, die breiter aufgestellt sind, als es der Expertenrat der Bundesregierung gewesen ist." Schleswig-Holstein habe gut daran getan, dass der Expertenrat hier im Land breit aufgestellt war, so Garg. Er fordert eine Aufarbeitung des Pandemiemanagements - nicht anklagend, sondern sachlich nüchtern - dafür sei eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages geeignet. Am Vormittag will sich das schwarz-grüne Kabinett in Kiel mit den Folgen der Pandemie und dem Umgang mit Post-Covid-Erkrankten befassen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 05.09.2023 | 12:00 Uhr

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