Weltneuheit aus MV: Methan aus der Rinderhaltung für Traktoren
Eine Milchkuh in Mecklenburg-Vorpommern stößt täglich etwa 600 bis 650 Liter Methan aus. Wissenschaftler vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf tüfteln gerade an einer weltweiten Premiere. Sie saugen das ausgestoßene Methan ab, um daraus Treibstoff für Landmaschinen zu generieren.
Projektleiter Björn Kuhla steht vor einem Modell, das die Innovation veranschaulicht. Es zeigt einen Stall und eine Kuh darin, links und rechts sind Pumpen und Schläuche zu sehen, die die ausgestoßene Luft absaugen und zwei Kühlgeräte, die das Methan stufenweise stark abkühlen, zunächst auf minus 100 Grad Celsius. "Dabei wird Kohlendioxid in fester Form abgeschieden. Und in einem zweiten Schritt wird die Luft weiter bis auf minus 175 Grad abgekühlt. Und bei dieser Temperatur wird dann das Methan von einem gasförmigen Zustand in einen flüssigen Zustand überführt." Seit etwa zwei Jahren erproben die Dummerstorfer Wissenschaftler ihre Idee und mittlerweile wissen sie, dass das zweistufige Kühlverfahren wirklich funktioniert.
Methan wird aus Stallluft abgesaugt
Diese Konstruktion könnte künftig im Innenbereich der Ställe angeschaltet werden, etwa im Winter, wenn Stalltüren und -fenster wegen der Witterung öfter geschlossen bleiben als sonst, oder während die Tiere ruhen. "Wir wissen, dass die Kühe mehr als zwölf Stunden am Tag liegen, in ihren Liegeboxen. Und das während dieses Liegens die Kühe im Grunde ihre Position nicht ändern und aufgrund ihrer nicht geänderten Position das Methan am Maul abgesaugt werden kann", so Ernährungsphysiologe Björn Kuhla.
Milchkühe besonders geeignet
Eine Milchkuh in Mecklenburg-Vorpommern produziert täglich bis zu 650 Liter Methan. Die Idee könnte auch in der Bullenmast angewandt werden, allerdings produzieren diese Rinder weniger Methan, weil sie weniger fressen. Milchkühe benötigen mehr Kalorien, weil sie mehr leisten müssen. Und ihr Methan könnte dann direkt genutzt werden, um etwa Traktoren anzutreiben.
Artgerechte Tierhaltung wichtiger Nebenfaktor
Die Wissenschaftler streben mit ihrem Methanprojekt auch an, dass Milchkühe wieder artgerechter gehalten werden, indem sie weniger mit stärke- und fetthaltigen Mischungen gefüttert werden, dafür aber wieder auf die Weide kommen und dort Gras fressen.
Biomethan für bessere Ökobilanz
Fressen Kühe Gras, entsteht mehr Methan, aber aus pflanzlicher Biomasse. "Das heißt, wir würden hier auf die Nutzung fossiler Energieträger verzichten." Björn Kuhla erzählt weiter, dass Rinderhalter so eine bessere Ökobilanz erzielen können, wenn sie den Biotreibstoff für ihre Landmaschinen nutzen. "Bei der Verbrennung entsteht CO2, das wiederum würde dann in den Kreislauf des Betriebes überführt werden und die Pflanzen auf dem Acker würden dieses CO2 dann aufnehmen."
So könnten Emissionen aus der Landwirtschaft reduziert werden. Es gibt bereits Traktoren, die Biomethan tanken, das allerdings stammt aus Erdgas, also aus einem fossilen Energieträger. Die Dummerstorfer Idee, Methan aus der Atemluft der Kühe zu gewinnen, ist bislang weltweit einmalig.
Testphase im Stall
Nun steht der nächste Schritt im Forschungsprojekt an. Björn Kuhla und sein Team müssen ihre Technik weiterentwickeln, um sie im Versuchsstall unter praxisnahen Bedingungen anwenden zu können, bevor sie dann im größeren Maßstab etwa in Milchviehbetrieben erprobt werden kann. Genau solch ein Experimentalstall befindet sich in Dummerstorf.
Modell mit Zukunft?
Projektleiter Björn Kuhla schätzt, dass es noch mindestens 10 bis 20 Jahre dauern wird, bis die Idee in der Rinderhaltung Einzug findet. Dafür ist auch das Know-how von Spezialisten aus der Kühl- und Pumpentechnik gefragt. Schon jetzt arbeitet das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie eng mit dem Karlsruher Institut für Technologie zusammen.
Bund fördert Innovation
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat das Methanprojekt in den vergangenen zwei Jahren finanziell unterstützt. Die Förderung läuft zum Ende des Jahres aus. Björn Kuhla und sein Team hoffen, dass es eine Anschlussfinanzierung gibt, damit ihre Idee möglichst in der Zukunft umgesetzt und das ausgestoßene Methan von Kühen zu Biotreibstoff umgewandelt werden kann.