Die Abgeordneten im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern wählen im Plenarsaal ein neues Mitglied des Landesverfassungsgerichts. © dpa Foto: Jens Büttner
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SPD-Landtagsfraktionschef: AfD-Verbot muss geprüft werden

Stand: 04.01.2024 16:04 Uhr

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Julian Barlen, stellt sich hinter Forderungen aus seiner Partei, ein Verbot der AfD zu prüfen. Barlen sieht "Demokratieprobleme" bei der AfD, weist zugleich aber auf hohe Hürden bei einem Verbotsverfahren hin. AfD-Landeschef Leif-Erik Holm spricht dagegen von einem durchsichtigen Manöver der SPD. 

von Stefan Ludmann

Wie in anderen Bundesländern liegt die AfD auch in Mecklenburg-Vorpommern bei Umfragen an der Spitze. Bei der vergangenen NDR Befragung im September kam die Partei auf 32 Prozent. Sie lag damit deutlich vor der SPD, die 23 Prozent erreichte. Barlen, der auch Generalsekretär des Landes-SPD ist, sagte, auch in Mecklenburg-Vorpommern grenze sich die AfD nicht vom Rechtsextremismus ab, sondern suche sogar dessen Nähe. Als Beispiel nannte er den Podcast des AfD-Fraktionsvorsitzenden Nikolaus  Kramer gemeinsam mit einem ehemaligen Spitzenmann der rechtsextremen Identitären Bewegung.

Regelmäßige Prüfung der AfD

Kramer habe darin über einen Systemwechsel von rechts geschwärmt, er stehe nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, sondern habe ein "Demokratie-Problem". Barlen sagte auch, es sei aus gutem Grund schwer, eine Partei zu verbieten. Maßstab sei die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Mit Blick auf die AfD sagte Barlen, es müsse ohnehin immer wieder geprüft werden, ob die Schwelle überschritten sei. Am Ende sei das aber keine politische, sondern eine rechtliche Frage. Die SPD-Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

"Politik gestalten, die Sorgen ernst nimmt"

Ihr Koalitionspartner, die Linke, hält nicht viel von der Verbotsdebatte in der SPD, das lenke nur von der "eigenen Unfähigkeit zur Problemlösung ab", meinte der Landesvorsitzende Peter Ritter vor allem mit Blick auf die Bundespolitik. Er erklärte, "sinnvoll wäre es, eine Politik zu gestalten, die sich nicht gegen die Interessen der Menschen richtet, sondern ihre Sorgen ernst nimmt". Es dürfe keine "weiteren Kniefälle vor Rechts" geben.

Kritik an der Diskussion kommt aus Teilen der Opposition. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Sebastian Ehlers, erklärte, eine Verbotsdebatte sei das falsche Signal und wenig zielführend. "Ich würde der SPD in der Ampel und hier im Land empfehlen, lieber einen ordentlichen Job zu machen, dann kriegen wir die AfD auch gemeinsam runtergedrückt in den Umfragen", sagte Ehlers. Seine Kollegin der Grünen-Fraktion, Constanze Oehlrich, meinte dagegen, die AfD sei klar verfassungsfeindlich. Darüber müsse auch der Verfassungsschutz des Landes aufklären. Ein Verbot der Partei müsse auf jeden Fall geprüft werden, so Oehlrich. Die AfD sei hoch gefährlich und demokratiefeindlich.

Holm: Durchsichtiges Manöver, um Pfründe zu retten

AfD-Landeschef Leif-Erik Holm sieht in der Verbotsdebatte dagegen ein durchsichtiges Manöver der SPD. Der Partei drohten laut Umfragen die Felle davon zu schwimmen, so Holm. Aber anstatt mit vernünftiger Politik anzufangen, solle eine Verbotsdiskussion jetzt die eigenen Pfründe retten. Echten Demokraten würde das nicht im Traum einfallen, so Holm. Nach eigenen Angaben hat der Landesverband inzwischen mehr als 1.000 Mitglieder. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt wird die Partei von den Landesämtern für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft, in Mecklenburg-Vorpommern darf der Verfassungsschutz über eine mögliche Einstufung der AfD als Verdachtsfall nicht öffentlich berichten.

Köpping: "AfD ist stark, sie ist eine Gefahr für die Demokratie"

Die Debatte über ein AfD-Verbot kommt in Abständen immer wieder: Ausgelöst hat sie jetzt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. In ihren Augen ist die AfD Teil eines rechtsextremen Netzwerks, Sie nutze jedes Thema, Menschen aufzustacheln. Das sei klar demokratiefeindlich, meinte Esken. Ähnlich äußerte sich die sächsische Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Petra Köpping. "Wir sollten die Chancen eines AfD-Verbots regelmäßig prüfen", sagte sie dem "Spiegel". Bei der NPD sei das Verbotsverfahren gescheitert, weil die Partei nur auf geringe Wahlergebnisse gekommen sei und damit keine Gefahr darstellte. "Das sehe ich bei der AfD anders", meinte Köpping:  "Die AfD ist stark, sie ist eine Gefahr für die Demokratie."

Geringe Erfolgsaussichten prognostiziert

Gegen ein Verbotsverfahren hat sich dagegen der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), ausgesprochen. Davon halte er gar nichts, sagte Schneider der "Süddeutschen Zeitung". Die Erfolgsaussichten seien ohnehin gering. "Wenn wir eine Partei verbieten, die uns nicht passt, die in Umfragen aber stabil vorne liegt, dann führt das zu einer noch größeren Solidarisierung mit ihr", warnte der Erfurter Bundestagsabgeordnete.

Über ein Verbot der AfD müsste das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das Gericht stellt auf seiner Internetseite klar, dass dafür nicht allein die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen genüge. "Hinzukommen muss eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt." Außerdem gehe es um konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheine. Entsprechende Verbotsanträge könnten von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung gestellt werden - ihre Vorbereitung gilt als kompliziert und aufwendig.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 04.01.2024 | 18:00 Uhr

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