AfD "gesichert rechtsextrem": SPD in MV gegen schnelles Verbotsverfahren
Die rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommern hat die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz begrüßt, die gesamte AfD als rechtsextrem einzustufen. Die Forderung der Linken nach einem neuen Verbotsverfahren sehen Regierungschefin Schwesig und Innenminister Pegel allerdings skeptisch.
Der Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern hat bisher zur AfD weitgehend geschwiegen. Im vergangenen Jahresbericht taucht die Partei nicht auf. Die AfD gilt inoffiziell zwar auch in Mecklenburg-Vorpommern als rechtsextremer Verdachtsfall. Aber der Verfassungsschutz, der Innenminister Christian Pegel (SPD) direkt unterstellt ist, darf dazu nicht berichten, weil das Gesetz Auskünfte dazu untersagt. Mit der Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, so sagen Insider, dürfte sich das ändern.
"AfD schürt Angst"
Denn für die Behörde in Köln gilt die Partei nach umfangreicher Prüfung und Auswertung auch von AfD-Aussagen als gesichert rechtsextrem. Im Mittelpunkt steht der ethnische Volksbegriff der AfD. Er sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, denn die AfD stelle nicht die Staatsangehörigkeit in den Mittelpunkt, sondern allein die Abstammung. Deutsche mit Migrationsgeschichte würden nicht als gleichwertig betrachtet. Das diene der AfD für eine dauernde Hetze gegen diese Menschen, die sie pauschal diffamiere und verächtlich mache. Begriffe wie "Messermigranten" schürten irrationale Ängste und Ablehnung.
Schwesig: Partei gefährdet Demokratie
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) stützt diese Aussage. Die AfD sei keine Partei wie jede andere. Sie bezeichnete die Partei als "gefährlich für die Demokratie, für unser Land, für unser friedliches Zusammenleben". Jetzt müsse das Gutachten, das zu der Einstufung geführt habe, ausgewertet und überprüft werden, ob diese Erkenntnisse ausreichen für ein AfD-Verbot. Festlegen wollte sich Schwesig nicht. So weit ging auch ihr Innenminister Christian Pegel (SPD) nicht.
Pegel: Gerichte müssen entscheiden
Pegel sagte mit Blick auf die Einstufung des Bundesverfassungsschutzes, jetzt habe man "Klarheit". Das Gutachten müsse den Ländern allerdings vorgelegt werden. Die Einstufung der AfD ist für Pegel folgerichtig, das Grundgesetz kenne keine Menschen erster und zweiter Klasse. Allerdings müssten jetzt weitere Entscheidungen der Gerichte abgewartet werden, denn die AfD werde gegen die Einstufung klagen. Erst danach sei ein "mögliches Verbotsverfahren" zu prüfen. Das sei keine politische Entscheidung, sondern ein "rein rechtliches Verfahren". Ein Verbotsverfahren können jeweils Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragen.
Linken-Landeschef will Verbotsverfahren
Ähnlich äußerte sich SPD-Landtagsfraktionschef Julian Barlen. Über "Konsequenzen" müsse beraten werden, sagte er. Ob dazu ein Verbotsverfahren gehört, ließ er offen. Entschiedenes Handeln verlangt der Chef der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern, Hennis Herbst. Ein Verbotsverfahren sollte dringend auf den Weg gebracht werden. "Unsere Demokratie muss sich mit allen Mitteln gegen die Verfassungsfeinde der AfD wehren." Herbst will der Partei auch einen wichtigen Geldhahn zudrehen und sie von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließen. Dieser Schritt, so Herbst, wäre nur konsequent.
Holm: Regierung will Opposition ausschalten
AfD-Landeschef Leif-Erik Holm erklärte dagegen, die Opposition solle per Inlandsgeheimdienst ausgeschaltet werden, es sei ein "verzweifelter Versuch, Regierungskritiker zum Verstummen zu bringen". Die AfD stehe "selbstverständlich fest auf dem Boden des Grundgesetzes". Bei der Bundestagswahl im Februar erzielte die AfD 35 Prozent der Zweitstimmen in Mecklenburg-Vorpommern und gewann alle sechs Wahlkreise direkt. Bei den bevorstehenden Landratswahlen am 11. Mai setzt die Partei ebenfalls auf Erfolge.
Kramer äußert sich völkisch
Ähnlich wie Holm äußerte sich der Landtagsfraktionschef der AfD, Nikolaus Kramer. Die Einstufung nannte er "lächerlich". Indirekt allerdings bestätigte Kramer durch seine Aussage den Verfassungsschutz. Der Fraktionschef behauptete im Gespräch mit dem NDR, die AfD stelle andere Menschen nicht schlechter: "Als AfD sagen wir nur: Deutschland zuerst. Und dementsprechend auch 'Deutsche zuerst' und dann natürlich die autochthonen Deutschen." Kramer meint mit "autochthon" die "angestammten" Deutschen und nicht die Menschen mit Migrationsgeschichte. Es gehöre "doch zur Identität eines Volkes dazu, dass man das generationsübergreifend betrachtet, was unsere Ahnen und Urahnen hier geleistet und geschaffen haben". Das, so Kramer, dürfe doch nicht ins "Hinterlicht" geraten.
Grüne für Verbotsverfahren
Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Constanze Oehlrich, nannte die Entscheidung des Verfassungsschutzes "lange überfällig" und gleichzeitig einen "wichtigen Schritt". Der nächste Schritt sei nun, ein AfD-Parteiverbotsverfahrens einzuleiten. Der Rechtsstaat müsse sich entschlossen gegen seine Feinde zur Wehr setzen, "solange er dazu noch in der Lage ist", so der Grünen-Landesvorsitzende Ole Krüger. Die Zeit zu handeln, sei längst gekommen.
Leise Kritik vom CDU-Chef
Der Landesvorsitzende der CDU und Fraktionschef im Landtag, Daniel Peters, ging auf Anfrage nicht näher auf die Einstufung des Verfassungsschutzes ein. Peters erklärte, er gehe aber davon aus, dass die Behörden professionell und nach Recht und Gesetz arbeiteten. Allerdings ließ er Kritik durchblicken. Denn "Dämonisierung und Verachtung" hätten die AfD nicht geschwächt - eher im Gegenteil. Seine jüngste Feststellung, in Ostdeutschland gebe es "in den Kommunen keine Brandmauer mehr zur AfD" wiederholte er ebenso wenig wie die Forderung, mit der "Ausgrenzung" der Partei müsse Schluss sein. Allerdings verwies Peters darauf, dass auf kommunaler Ebene nahezu alle Parteien mit der AfD anders umgehen als in Landtagen und im Bundestag.
Hoffnung auf die neue Bundesregierung
Widerspruch kam von Regierungschefin Schwesig. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes müsse noch einmal die Augen öffnen, wie gefährlich diese Partei sei. Deshalb könne es eben nicht so ein einfaches Zusammenarbeiten geben. Dennoch müsse versucht werden, Menschen, die sich für diese Partei entschieden hätten, "auch wieder zurückzuholen". Ein wichtiger Punkt dafür, so Schwesig, sei ein Ende des Streits über wichtige Themen. Schwesig setzt dabei auf die neue schwarz-rote Koalition im Bund.
