Uniklinik Rostock (Screenshot)

Patient Uni-Kliniken jetzt Dauerthema im Landtag

Stand: 13.06.2022 19:00 Uhr

Der Untersuchungsausschuss des Landtags zum Missmanagement an den landeseigenen Uni-Kliniken Rostock und Greifswald hat seine Arbeit aufgenommen. In der ersten Sitzung gab es Widerstand gegen den Vorsitzenden des Gremiums, den AfD-Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Es war der Obmann der SPD, Tilo Gundlack, der eine Breitseite gegen den Personalvorschlag der AfD abfeuerte. De Jesus Fernandes sei völlig ungeeignet, gab Gundlack zu Protokoll. Seine Fraktion habe Zweifel, dass er den Ausschuss neutral und überparteilich führen könne, das habe das Handeln des Abgeordneten in der Vergangenheit gezeigt. Geändert hat der Vorstoß allerdings nichts.

AfD-Abgeordneter de Jesus Fernandes leitet Untersuchungsausschuss

Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD), die Gundlack über seinen Vorstoß eingeweiht hatte, verwies auf die Regeln. Demnach gehe der Vorsitz des zweiten Untersuchungsausschuss an die zweitgrößte Fraktion, die AfD. Der Vorsitz werde auch nicht gewählt, er werde ernannt. Und das machte Hesse dann gleich, nachdem die anderen Fraktionen auf Redebeiträge verzichteten. Hesse berief de Jesus Fernandes zum Chef des Gremiums und wünschte ihm gutes Gelingen. Der 47-Jährige ist der erste AfD-Abgeordnete, der im Landtag einen Untersuchungsausschuss leitet. Die erste Sitzung unter seiner Leitung dauerte keine 15 Minuten - am 27. Juni soll es dann richtig mit der Arbeit losgehen.

Das Thema "Medizinische Versorgung"

Das Thema "Medizinische Versorgung" kochte kurz vor der Landtagswahl im vergangenen September so richtig hoch. Anlass waren Personalmangel und Versorgungsengpässe an der Universitätsmedizin Rostock. Vor allem an der Kinderklinik schlugen führende Ärzte Alarm, nachdem es vorher jede Menge Brandbriefe gegen einen beklagten Sparkurs der Landes gab. Die CDU, damals noch Koalitionspartner der SPD, forderte sogar den Rücktritt der zuständigen damaligen Bildungsministerin Bettina Martin, SPD. Auch der Aufsichtsratschef, Ex-Bildungs- und Finanzminister Mathias Brodkorb (SPD), geriet ins Visier.

Die Aufregung verflog nach der Wahl zwar etwas. Brodkorb ist als Aufsichtsrat mittlerweile Geschichte. Martin - jetzt als Wissenschaftsministerin immer noch für die Uni-Kliniken zuständig - hat ihn in die Wüste geschickt. Allerdings will die Opposition aus CDU, Grünen und FDP das Thema "Medizinische Versorgung" weiter am Köcheln halten. Im Februar einigten sich die "Jamaika-Opposition" auf einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Universitätskliniken. Es dauerte fast vier Monate bis sich das neunköpfige Gremium an diesem Montag zum ersten Mal zusammensetzte.

24 Einzelfragen müssen geklärt werden

Der Ausschuss soll insgesamt 24 Einzelfragen nachgehen. Im Kern geht bei der Uni-Klinik Rostock um die Missstände an der Kinder-Klinik und den beklagten Sparkurs. Und an der Klinik in Greifswald steht eine fragwürdige Finanzierung der Altersversorgung von Mitarbeitern im Mittelpunkt. Die hat der ehemalige Geschäftsführer Gunter Gotal quasi an einen privaten Anbieter ausgliedert - mit Verlusten. Der Schaden für den Steuerzahler wird auf möglicherweise 30 Millionen Euro geschätzt. Wie es dazu kommen konnte, auch das will der Ausschuss untersuchen.

Den Ausschuss dürfte dabei Gutachten interessieren, die den Fehlentwicklungen schon nachgegangen sind. Beteiligt an dieser Aufklärungsarbeit war schon vor Jahren der jetzige Aufsichtsratsvorsitzende der beiden Uni-Kliniken, Ex-Rechnungshof-Präsident Tilmann Schweisfurth. Auch sonst liegt bereits viel Erhellendes vor. Der Fraktionschef der Grünen, Harald Terpe, hat einer Kommission vorgestanden, die seinen Namen trug und die er nach seiner Bundestagskarriere und vor seiner Zeit im Landtag leitete. Die Terpe-Kommission sollte sich mit der Zukunft der Uni-Kliniken im Land beschäftigen. Ihre Hauptforderung: Mehr Kooperation zwischen den Kliniken verbessere die Versorgung. Terpe vertritt jetzt die Grünen im Untersuchungsausschuss. Zu dem gleichen Ergebnis wie 2020 Terpes Experten-Gremium ist jüngst eine weitere Experten-Kommission unter dem Chef der Charité, Prof. Heyo Kroemer, gekommen. Sie schlug Fusionen vor. Langfristig scheint eine Eigenständigkeit der beiden teuren Uni-Kliniken eher fragwürdig.

Ausschuss hat jetzt vier Jahre Zeit

Bis zur nächsten Landtagswahl im Herbst 2026 hat der Ausschuss Zeit, allen Fragen nachzugehen. Die Fronten sind schon klar auszumachen. Die Opposition will vor allem der SPD und dem zuständigen SPD-geführten Bildungsministerium Fehler beim Management der Uni-Kliniken nachweisen, und sie will dabei weit zurückblicken. Die SPD dagegen erklärte, eine rückwärtsgewandte Debatte helfe nicht. Der Ausschuss binde nur enorme Kraft und bremse. Es gehe darum, die Uni-Kliniken fit für die Zukunft zu machen. Der CDU-Obmann im Ausschuss, der Rostocker Daniel Peters, konterte den Vorwurf mit der Feststellung: "Mit der Aufklärungsarbeit beginnt die Zukunft der Universitätsmedizinen im Land".

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 13.06.2022 | 18:00 Uhr

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