Koalitionsvertrag: Jusos fallen Schwesig in den Rücken

Stand: 15.04.2025 06:25 Uhr

Die Jusos in Mecklenburg-Vorpommern, der Parteinachwuchs der SPD, lehnt den mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag ab. Der Landesvorsitzende Marvin Müller sagte dem NDR, das Papier widerspreche wesentlichen Grundwerten der SPD.

von Stefan Ludmann

Da scheint von Anfang an der Wurm drin: Er habe kein Vertrauen in den voraussichtlich nächsten Kanzler Friedrich Merz von der CDU, sagte der Juso-Landesvorsitzende Marvin Müller. Er wirft Merz vor, Positionen der SPD nur aus machtpolitischen Gründe zu stützen, "um möglichst schnell Kanzler zu werden". Merz' eigentliche Einstellungen zeigen sich nach Ansicht von Müller, dass er vom Mindestlohn-Ziel 15 Euro der SPD bereits wieder abrückt.

Klimaschutz "ambitionslos"

Der Juso-Chef findet es auch nicht in Ordnung, dass laut Koalitionsvertrag die Arbeitszeiten ausgeweitet werden sollen. "Der Acht-Stunden-Tag gehört zum Kern der SPD-Programmatik", so Müller. Er lehnt es ab, dass der Familiennachzug bei Flüchtlingen gestrichen werden soll. Die veränderten Klimaschutz-Ziele nennt er "ambitionslos". Deshalb würden er und die Jusos im Land den Koalitionsvertrag und den am Dienstag beginnenden Mitglieder-Entscheid ablehnen.

Schwesig lobt Vertrag

Die Jusos gehen damit auf Konfrontation zur eigenen Landesvorsitzenden. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte den Koalitionsvertrag in den vergangenen Wochen an vorderster Stelle mitverhandelt und sich dafür in der Landespolitik rar gemacht. Schwesig lobte das Papier in etlichen Medienauftritten als gelungen. Sie hob die verabredeten Investitionen in die Wirtschaft und die Sicherung von Jobs hervor: "Wichtig für mich war besonders die Rentenstabilität, denn 97 Prozent der Rentner in Ostdeutschland bekommen nur die gesetzliche Rente." Die neue Koalition will die Renten auf dem bisherigen Niveau halten. Schwesig erklärte auf NDR Anfrage, sie respektiere Müllers Nein. Sie wisse, dass viele Mitglieder Bedenken hätten. Sie werbe aber weiter für den Vertrag. Nach Ostern soll es dazu auch in Güstrow eine SPD-interne Dialogveranstaltung geben.

Viele Gespräche mit der Regierungschefin

Marvin Müller meinte, die Jusos hätten zwar großen Respekt vor den Verhandlungsergebnissen, es habe mit Schwesig dazu auch viele Gespräche gegeben. Aber in einer Mitgliederbefragung müsse es dann am Ende die Möglichkeit geben, mit Nein zu stimmen, "ohne die Erfolge kleinzureden". Müller erneuerte seine Forderung von einem personellen Wechsel an der Spitze der Partei. Mit den bisherigen SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, "mit denen wir das schlechteste Ergebnis unserer Geschichte eingeholt haben", könne es nicht einfach so weitergehen. Beide könnten nicht einfach auch noch im Kabinett sitzen.

CDU reagiert entspannt

Marc Reinhardt, CDU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des größten CDU-Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte, reagierte entspannt auf das Nein der Jusos zum Koalitionsvertrag. Ein solche Papier bringe für die jeweilige Seite immer Licht und Schatten. Auch 2017 hätten die Jusos eine Neuauflage der schwarz-roten Koalition abgelehnt. "Am Ende wurde ihr Vorsitzender SPD-Generalsekretär, das war Kevin Kühnert", sagte Reinhardt. Er meinte, entscheidend seien die ersten 100 Tage des neuen Regierungsbündnisses: "Die Dinge in der Migrationspolitik oder im Bereich Wirtschaft müssen schnell mit Leben gefüllt werden."

Junge Union: Kein Grund zum Jubeln

Anders als die Jusos signalisierte die Jugendorganisation der CDU, die Junge Union in Mecklenburg-Vorpommern, grundsätzlich Zustimmung. Der Vertrag trage die Handschrift der CDU, sagte die Landesvorsitzende Jenny Gundlach. Grund zum Jubeln sei er dennoch nicht, denn der erhoffte Politikwechsel bleibe aus. Gundlach vermisse vor allem eine Rentenreform, die die jungen Generation nicht zusätzlich belastet.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 14.04.2025 | 14:00 Uhr

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