Stand: 07.05.2009 15:50 Uhr

Dirty Dozen II - Zwölf legendäre Klavier Trios: Ellington, Mingus und Roach auf "Money Jungle"

von Sarah Seidel

Vor gut fünfzehn Jahren bekam ich eine CD geschenkt von einem New Yorker Jazz-Trompeter, der bemüht war, mich auf den rechten Weg des Jazz zu bringen. Auf der CD spielt zum einen der wohl berühmteste Jazzkomponist und gleichzeitig einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Dieser ausgemachte Gentleman am Piano hat die wohl größten Klassiker der Bigband-Musik und der Jazzstandard-Literatur geschrieben. Er ist zum Zeitpunkt der Aufnahmesession 63 Jahre alt. Zum anderen sind da zwei Musiker, beide im gleichen Alter, beide gut 20 Jahre jünger als ihr großes Idol. Der eine ist Bassist, Komponist, Revoluzzer und Urgetüm, der sich wenig um Konventionen schert. Er hat einen rauen Personalstil geschaffen, der sich von allen Bassistenkollegen seiner Generation unterscheidet. Der andere ist ein smarter Schlagzeuger, ein Intellektueller, ein politisch motivierter Musiker. Er kommt aus den Untiefen des Bebop, hat seine Sporen bei Dizzy Gillespie und Charlie Parker verdient und ist unterwegs in ein neues Jazz-Zeitalter.

Roach und Mingus ein eingespieltes Team 

Max Roach (10.01.1924 - 15.08.2007), US-amerikanischer Jazz-Musiker und Schlagzeuger, beim Berliner Jazzfest 1983 © picture-alliance / dpa
Der US-amerikanische Jazz-Schlagzeuger Max Roach starb im August 2007.

Der Pianist heißt Duke Ellington, ist 1899 geboren und hat die Entwicklungsgeschichte des Jazz in seinen Anfängen bestimmt. Er ist zum Vorbild etlicher Musiker-Generationen geworden. Der Bassist Charles Mingus und der Schlagzeuger Max Roach, 1922 und 24 geboren, sind bei der Aufnahme vierzig und achtunddreißig. Sie sehen ihre Musik als Statement gegen den rassistischen Alltag in den USA, gegen die Unterdrückung des afroamerikanischen Volkes. Beide haben gemeinsam das Label "Debut Records" gestartet und mehrere Platten miteinander aufgenommen, sind also ein eingespieltes Team. Zusammen treffen sich diese Drei am 17. September 1962 in den Sound Makers-Studios in New York, um für das Plattenlabel Blue Note ein Album aufzunehmen. Eine Besetzung, die nur ein einziges Mal im Studio zusammenkommt. Drei Charaktere, die einen Meilenstein, ein eindrucksvolles musikalisches Dokument hinterlassen. Duke Ellington, Charles Mingus und Max Roach sind also die Musiker auf "Money Jungle", was übersetzt so viel heißt wie "Geld-Dschungel" oder "Geldwüste". "Money Jungle" ist das Titelstück des Albums und stammt wie alle anderen von Duke Ellington.

Markante Persönlichkeiten 

Zwei Generationen von Jazzmusikern treffen dabei aufeinander, Musiker, die sich in tiefem Respekt verbunden fühlen. Und doch ist auch die Spannung zu spüren, die von den unterschiedlichen musikalischen Auffassungen herrührt. Das Klavier im Studio ist leicht verstimmt. Durch die Session zieht sich die Sparsamkeit im Spiel aller drei Musiker dieses außergewöhnlichen Trios. Auch Thelonious Monk könnte hier Pate für den minimalistischen Sound gestanden haben. Ellington, mit dem Stride-Piano-Stil in der Tasche, swingt auf den geraden Stücken wie kein zweiter, mit Mingus und Roach geht er hart auf Kurs mit frischem Wind und cooler Lässigkeit. Das exotische "Fleurette Africaine" mit einer flirrenden Basslinie von Charles Mingus und dem mit Klöppeln gespieltem Rhythmus von Max Roach. Eine spröde Version von "Caravan", mit einem Trommelwirbel eröffnet, ein kurzes Bass-Ostinato und zuletzt die schweren, tiefsitzenden Klavierakkorde. Schwül und dramatisch. Das Titelstück "Money Jungle" von Bass und swingenden Beckenschlägen begonnen, das Klavier stimmt in das sich wiederholende rhythmische Muster ein. Mingus, Roach und Ellington bewegen sich wie in einem Wettkampf, sie liegen im Clinch miteinander, swingend, drivend, suchend. Charles Mingus und Max Roach, zwei markante Persönlichkeiten, die in dieser Aufnahme eine weitere Dimension von Duke Ellingtons pianistischen Fähigkeiten eröffnen.

Ein Triumvirat 

"Ein Triumvirat, kein Trio", schreibt Impresario George Wein in den Linernotes der CD. "Diese Kombination macht das Album zu einem der größten Piano-Trios der Jazzgeschichte", heißt es weiter. Seit 15 Jahren habe ich nun dieses Album und werde von der Atmosphäre darauf immer wieder aufs Neue gefangen genommen.

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Jazz | 07.05.2009 | 22:05 Uhr

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