Umweltsenator ruft Bürger und Industrie zum Gassparen auf
Nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen hat, sollen Industrie und Verbraucher jetzt in die Pflicht genommen werden. Nach einer Videokonferenz mit dem Bundeswirtschaftsminister äußerte sich Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Gespräch mit dem NDR Hamburg Journal und NDR 90,3.
"Alle Szenarien des Bundes sehen vor, dass man vom 1. Juli an mindestens 20 Prozent Gas einsparen muss." Wenn das nicht gelinge, ginge das Gas im Herbst, spätestens aber im März aus. Darum sei jetzt nicht nur die Politik, nicht nur Hamburg gefordert, jetzt einzusparen, sondern jeder einzelne Bürger. Die Politik alleine könne das schon gar nicht mehr steuern, so Kerstan.
"Sonst im Winter rationieren"
Wenn man jetzt einspare, könne man mit einem blauen Auge davonkommen, sagte Kerstan. "Leute, die noch bei warmen Temperaturen nachts die Heizung laufen lassen oder jetzt gern noch Vollbäder nehmen oder morgens eine halbe Stunde lang duschen wollen, müssen sich jetzt überlegen, ob das wirklich eine gute Idee ist. Weil wir sonst wirklich im Winter rationieren müssen. Und das werden schwierige Entscheidungen sein."
Wedel doch länger in Betrieb?
Der Umweltsenator räumte ein, dass sich der Ausstieg Hamburgs aus der Kohle verzögern könne: "Wir haben uns ja eigentlich verpflichtet, schon vor 2030 die Kohle-Verfeuerung im Kraftwerk Wedel zu reduzieren." Es könne gut sein, dass diese Zusage zurückgenommen werden müsse, so Kerstan. Das Gaskraftwerk Moorburg werde nicht wieder in Betrieb gehen. "Wir können ja nur Kraftwerke wieder in Betrieb nehmen, die noch funktionsfähig sind. Das ist bei Moorburg einfach nicht mehr der Fall."
Gleichzeitig betonte der Umweltsenator im Gespräch mit dem Hamburg Journal und NDR 90,3, dass die Bundesregierung in der Notfallsituation jedes Recht habe, jeden Betrieb stillzulegen. In so einer Situation möchte er nicht sein, denn da gäbe es eigentlich keine guten Entscheidungen mehr, wenn man rationieren müsse, so Kerstan.
Kerstan gibt sich mit Erklärung der Industrie nicht zufrieden
Der Industrieverband Hamburg hatte erklärt, dass man schon alles Mögliche unternehme, um den Gas-Verbrauch zu senken - weitere Einsparungen wären nur machbar, wenn die Produktion gedrosselt würde. Kerstan gibt sich damit nicht zufrieden: "Jetzt sich hinzustellen und zu sagen, wir können nichts tun, das sollen sie sich noch mal genau überlegen, weil sonst werden andere Leute die Entscheidung treffen."
Verbraucherzentrale warnt vor unzulässigen Preiserhöhungen
Unterdessen warnte die Hamburger Verbraucherzentrale vor Unternehmen, die die aktuelle Gas-Krise ausnutzen und Kundschaft mit vermeintlich günstigen Lock-Angeboten ködern oder ihre Preise unzulässig anheben. Jan Bornemann von der Verbraucherzentrale sagte: "Wir erleben es jetzt häufiger, dass es so Mitnahmeeffekte gibt, wo Unternehmen versuchen mit der Ukraine-Krise noch etwas mehr Profit rauszuschlagen und sich von der eigenen Preisbindung wegzubewegen. Da muss man aufpassen, seinen Vertrag anschauen und sich notfalls dagegen wehren."