Stand: 13.08.2013 14:50 Uhr

Minister Niebel gegen Menschenrechtler

von Michael Enger

Im April dieses Jahres berichtete Panorama 3 über Vertreibungen in Uganda. Die "Neumann Kaffee Gruppe" hatte 2001 mit Hilfe der ugandischen Regierung eine neue große Kaffeeplantage im Distrikt Mubende eingerichtet. Dafür mussten viele Siedler weichen. Da sie nicht freiwillig gehen wollten, keine Hilfe und auch, trotz Anrechts, kaum oder gar keine Entschädigung erhielten, blieben sie auf ihrem Land. Wochen später rückte dann die ugandische Armee an, vertrieb die Kleinbauern, zerstörte Häuser, Felder und tötete viele Tiere. Die Plantagenchefs wollen davon bis heute im Vorfeld nichts gewusst haben.

Auf Seiten der Siedler, von denen einige inzwischen als Tagelöhner wieder auf der Plantage arbeiten, kämpft seit Jahren die Menschenrechtsorganisation FIAN. Sie fordert die Anerkennung der Vertreibung und eine angemessene Entschädigung für die Vertriebenen. Ein erster Lichtblick: Der High Court in Uganda hat in einem Urteil im Frühjahr dem Hamburger Unternehmen eine Mitschuld an den Vertreibungen zugeschrieben.

Niebel: "Darstellung des Falles überdenken"

Kleinbauern aus Mubende
Kleinbauern aus Mubende erinnern sich an die Räumumg durch die Armee: "Wir dachten, es sei Krieg. Aber dann hörten wir, dass ein Weißer Kaffee anbauen will."

Jetzt besuchte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) die Plantage, die modernste und größte in Uganda. Und schrieb danach einen freundlichen Brief an FIAN. Die Menschenrechtsorganisation hat ihren Sitz in seinem Wahlkreis. Der Inhalt des Briefes: er habe den Fall gründlich geprüft, er sei vor einigen Jahren auch von der OECD untersucht worden mit dem Ergebnis "dass der Neumann Gruppe GmbH kein Vorwurf gemacht werden kann."

Mit ihrem Engagement würde FIAN "nicht nur dem Unternehmen, sondern auch der ugandischen Kaffeewirtschaft insgesamt erhebliche Nachteile bringen". Zum Ende des Briefes legt der Minister der Organisation dann noch nahe, die "Darstellung des Falles zu überdenken und die Gesamtsituation in Uganda nicht noch weiter zu verschärfen".

Haben wirtschaftliche Interessen im Ministerium höchste Priorität?

Der Entwicklungsminister als Wirtschaftsvertreter, die Vertriebenen erwähnt er mit keinem Wort. Dass sein Ministerium auf der offiziellen Webseite noch verspricht, "wirtschaftliche Interessen nie zu Lasten von Menschenrechten" zu vertreten – das ist ihm in diesem Moment wohl gerade entfallen.

Gegenüber Panorama 3 wird er sogar noch konkreter: "Natürlich muss man Vertreibung und Menschenrechtsverletzungen benennen und dagegen vorgehen. Aber man muss es so machen, dass nicht ein ganzer Wirtschaftszweig, nämlich der Kaffeeanbau und der Kaffeeexport aus Uganda, diskreditiert wird."

Dirk Niebel möchte sein Ministerium auch nach der Bundestagswahl gerne weiterführen, seine Webseite ist voller Glaubensgrundsätze, wie ernst und wichtig sein Haus die Einhaltung und Förderung der Menschenrechte nimmt. Allein, die Praxis spricht eine andere Sprache.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 13.08.2013 | 21:15 Uhr

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