VIDEO: KZ Neuengamme: Festakt zum 80. Jahrestag der Befreiung (3 Min)

Bewegende Gedenkfeier im ehemaligen KZ Neuengamme

Stand: 03.05.2025 20:37 Uhr

Vor 80 Jahren wurden überlebende Häftlinge des KZ Neuengamme befreit. Aus diesem Anlass fand am Sonnabend in Hamburg eine große Gedenkveranstaltung für die etwa 100.000 Häftlinge und die mehr als 40.000 Toten im ehemaligen Klinkerwerk des Konzentrationslagers statt.

Zur Begrüßung sprach der Historiker Oliver von Wrochem, der die KZ-Gedenkstätte in Neuengamme leitet und Vorsitzender der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte ist. Anschließend hielt Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) eine Rede vor mehreren Hundert internationalen Gästen, darunter Holocaust-Überlebende und Opferangehörige.

Tschentscher: "Lehren aus der Geschichte ziehen"

Er mahnte dabei, die Lehren aus der Geschichte zu ziehen und daran zu erinnern, dass die nationalsozialistischen Verbrechen und der Holocaust begonnen haben mit Diskriminierung, mit Populismus, mit menschenfeindlicher Propaganda, die dann in kurzer Zeit zur Aushöhlung der Demokratie und des Rechtsstaates und zu systematischem Rassismus und Menschenverachtung geführt haben. "Auch heute begegnen uns wieder Populismus, Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit auf vielfältige Weise. Der 80. Jahrestag des Kriegsendes mahnt uns, diesen Tendenzen entschlossen entgegenzutreten", sagte Tschentscher.

Videos
Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz spricht bei der zentralen Hamburger Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Neuengamme. Zu der Gedenkfeier werden mehrere hundert internationale Gäste erwartet. © picture alliance/dpa Foto: Georg Wendt
72 Min

Festakt zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Neuengamme

Am Sonnabend kamen mehrere Hundert Gäste aus dem In- und Ausland zu der Veranstaltung in die KZ-Gedenkstätte in Hamburg. Die rund einstündige Feier im Video. 72 Min

Scholz dankt Angehörigen für ihr Kommen

Nach ihm sprach Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es berühre ihn sehr zu sehen, wie viele Angehörige ehemaliger Häftlinge aus dem Ausland 80 Jahre später nach Hamburg gekommen seien - aus Frankreich, Spanien, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Polen, der Ukraine, Israel und weiteren Ländern. "Sie sind gekommen, um gemeinsam mit uns zu erinnern. Dafür sage ich Ihnen aus tiefstem Herzen vielen Dank", so Scholz.

Kanzler ruft zur Bewahrung Europas auf

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und autokratischer Bestrebungen weltweit rief Scholz zur Verteidigung und Bewahrung eines geeinten Europas auf. Deutschland komme dabei aufgrund seiner Geschichte eine besondere Verantwortung zu, sagte der scheidende Kanzler. "Eine der ganz zentralen Lehren aus dem von Deutschen angezettelten Krieg, aus der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, aus dem Mord an Millionen unschuldigen Frauen, Kindern und Männern ist unsere tiefe Überzeugung, dass unser Kontinent, dass wir Europäerinnen und Europäer Krieg zwischen unseren Völkern ein für alle Mal hinter uns lassen müssen", sagte Scholz bei seinem letzten großen öffentlichen Auftritt als Kanzler.

Überlebende Helga Melmed hält bewegende Rede

Die einzige Überlebende, die an der Feier teilnahm war, war Helga Melmed, die heute in den USA lebt. Sie wurde 1928 in Berlin in eine jüdische Familie geboren und ab dem Alter von 13 Jahren in verschiedene Konzentrationslager gebracht. Eines davon war das Neuengammer Außenlager Poppenbüttel. Bei der Gedenkstunde hielt sie nach Scholz eine bewegende Rede, in der sie sich aufgrund der politischen Entwicklungen weltweit besorgt zeigte.

Die Überlebende Helga Melmed, die heute in den USA lebt, spricht bei der zentralen Hamburger Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Neuengamme. Zu der Gedenkfeier werden mehrere hundert internationale Gäste erwartet. © picture alliance/dpa | Georg Wendt Foto: Georg Wendt
Die Holocaust-Überlebende Helga Melmed hielt eine bewegende Rede bei der Gedenkfeier in Neuengamme.
"Wir alle müssen die Stimme gegen Hass erheben"

Heute sei wieder Chaos in der Welt und eine "hypnotisierende Propaganda" bahne sich wieder den Weg in die Gehirne vieler Menschen. "Ich frage mich, ob die führenden Akteure der Weltpolitik immer wieder dieselben Fehler begehen. Wo sind die anständigen und wahrhaftigen Führungspersönlichkeiten?", fragte die 97-Jährige. "Wir alle müssen die Stimme erheben gegen Hass und Unterdrückung, wo immer und wann immer wir darauf stoßen."

Danach sprach die Präsidentin der Amicale Internationale KZ Neuengamme (AIN), Martine Letterie. Zum Abschluss der Gedenkfeier trugen dann drei Musiker des Fördervereins "Jugend musiziert Hamburg" das Lied "Die Moorsoldaten" vor, das im Jahr 1933 von Häftlingen im Konzentrationslager Börgermoor geschrieben worden war.

Über 40.000 Menschen starben in Neuengamme

Im KZ Neuengamme und seinen 85 Außenlagern waren nach Angaben der Gedenkstätte mehr als 100.000 Menschen inhaftiert worden. Mindestens 42.900 von ihnen kamen ums Leben. Der 3. Mai 1945 bedeutete für die Überlebenden die Befreiung aus der Gewalt der SS, der sogenannten Schutzstaffel, der Organisation im Nationalsozialistischen Staat, die die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden maßgeblich plante und durchführte und die die Konzentrationslager betrieb.

Am Tag der Befreiung starben jedoch fast 7.000 Häftlinge bei einem britischen Luftangriff auf Schiffe in der Lübecker Bucht. Die SS hatte die Gefangenen an Bord der "Cap Arcona" und der "Thielbek" gebracht. Was mit ihnen geschehen sollte, ist nicht geklärt. Ebenfalls am 3. Mai 1945 besetzten britische Truppen nach Verhandlungen kampflos Hamburg.

Weitere Informationen
Hamburg Rathausmarkt, 3. Mai 1945 © NDR/Cinecentrum/Imperial War Museum

So erlebte Hamburg das Kriegsende vor 80 Jahren

Ende des Zweiten Weltkriegs: Am 3. Mai 1945 kapituliert Hamburg - die in Schutt und Asche liegende Stadt wird an die Briten übergeben. mehr

Brennende Öltanks im Hamburger Hafen nach einem Luftangriff während des Zweiten Weltkriegs © picture-alliance / dpa

Kriegsende 1945: Was im Hamburger Hafen passierte

Große Teile des Hamburger Hafens sind nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört. Noch funktionierende Anlagen werden verschifft. mehr

Britische Soldaten füttern 1945 vor dem Hamburger Rathaus Tauben.. © picture-alliance/ dpa/dpaweb Foto: Imperial War Museum

Kriegsende 1945: Was passierte im Hamburger Rathaus?

Nach dem Krieg war das Hamburger Rathaus in erstaunlich gutem Zustand. Die Militärregierung übernimmt am 3. Mai 1945 das Ruder in der Stadt. mehr

Husum, die KZ Gedenkstätte Husum-Schwesing, im Schwesinger Ortsteil Engelsburg. © picture alliance / SULUPRESS.DE Foto: Torsten Sukrow / SULUPRESS.DE

KZ Neuengamme: Tatort und Gedenkstätte

Im Konzentrationslager Hamburg-Neuengamme starben während der NS-Zeit mehr als 40.000 Menschen. Seit 2005 ist das Areal Gedenkstätte. mehr

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 03.05.2025 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

NS-Zeit

Hamburger Geschichte

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Die Überlebende Helga Melmed, die heute in den USA lebt, spricht bei der zentralen Hamburger Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Neuengamme. Zu der Gedenkfeier werden mehrere hundert internationale Gäste erwartet. © picture alliance/dpa | Georg Wendt Foto: Georg Wendt

Bewegende Gedenkfeier im ehemaligen KZ Neuengamme

In Hamburg-Neuengamme hat am Sonnabend eine Gedenkfeier mit Überlebenden des früheren KZ stattgefunden. Auch Bundeskanzler Scholz nahm teil. mehr