Vendée Globe: Segler Boris Herrmann wagt das Abenteuer
Am Sonntag startet im französischen Les-Sables-d'Olonne die "Vendée Globe". Als erster Deutscher ist der Hamburger Boris Herrmann bei der rund 40.000 Kilometer langen und härtesten Segelregatta der Welt dabei.
"Ich bin bereiter denn je", sagte der 39-Jährige über sein bevorstehendes Abenteuer. Seine Motivation: "Rund 8.000 Menschen haben den Mount Everest bezwungen. Etwa 500 waren im All. Aber nur rund 100 haben die Welt alleine und nonstop bezwungen. Ich will einer von ihnen werden." Der 40.075 Kilometer lange Kurs um die Erde führt die Hochsee-Segler am Kap der Guten Hoffnung (Südafrika), an Kap Leeuwin (Australien) und an Kap Hoorn (Chile) vorbei wieder zurück nach Les Sables-d'Olonne. "Damit muss man natürlich klarkommen. Mit diesem riesigen Berg, der vor einem liegt. Dieser Strecke und auch dieser Zeit. Man hat dann auch diese Ungewissheit: Wie geht es aus? Das ist ein Abenteuer", erklärte Herrmann dem NDR.
Die Gefahren für die diesjährigen 33 Starter und ihre futuristischen Imoca-Yachten deutet die Statistik an: Von 167 Teilnehmern bei den bisherigen acht Auflagen der Regatta, die nur alle vier Jahre stattfindet, erreichten nur 89 das Ziel. Segler Herrmann, seit wenigen Monaten auch Vater einer Tochter, ist sich dessen bewusst: "Es ist ja nicht so, dass ich vorher frei und ungebunden mein Leben riskiert hätte. Wir Skipper sind sehr vorsichtig, wenn wir das machen. Man normalisiert dieses verrückte Abenteuer. Für mich ist das normaler, als mit dem Auto weit zu fahren."
"Angst ist nach wie vor ein Thema. Vor allem Angst, einen Fehler zu machen, aber auch das Schiff zu überlasten. Es ist ein permanenter innerer Dialog, ein mit sich selbst ins Gericht gehen: Fahre ich langsamer, gebe ich meiner Angst Raum, oder will ich im Wettkampf dabeibleiben? Das ist ein Großteil des Spiels dieser Vendée Globe. Das technische Abschätzen, wieviel kann mein Material ab, und zweitens die richtige Route zu finden mit dem richtigen Wetterverstand." Boris Herrmann
Werbung für den Schutz der Meere
Herrmann segelt die "Seaexplorer - Yacht Club de Monaco", ein Geschoss aus Kohlefaser. Das Einrumpf-Boot ist gut 18 Meter lang, 5,7 Meter breit und kann eine Geschwindigkeit von bis zu 70 km/h erreichen. Das einst mehr als fünf Millionen Euro teure Schiff, das er gebraucht erworben hat, ist hypermodern ausgestattet, kann Wale mit Signalen warnen, herumtreibende Schiffscontainer orten und richtet sich bei einer Kenterung von selbst wieder auf.
Rund zweieinhalb Monate wird der Hamburger unterwegs sein. Den Rekord für das schnellste Rennen hält der Sieger von 2016, der Franzose Armel Le Cléac'h, mit 74 Tagen, drei Stunden und 36 Minuten. "Mit etwas Glück könnten wir es unter 70 Tagen schaffen", hofft Herrmann, der in der Regel "nicht länger als eine Stunde am Stück" schlafen wird.
Doch die Schnelligkeit ist Herrmann gar nicht wichtig: "Ankommen hat für mich die höchste Priorität", sagte er und hat sich zudem eine politische Botschaft buchstäblich auf die Fahnen geschrieben: "A Race We Must Win" ("Ein Rennen, das wir gewinnen müssen") steht auf den Segeln - Herrmann wirbt für den Schutz der Meere: "Wir sind alle in einem Wettlauf gegen die Zeit, die uns im Kampf gegen den Klimawandel wegzulaufen droht", erklärte der passionierte Segler, der nach eigenen Angaben rund 150 Tage pro Jahr auf dem Wasser verbringt, in einem "Spiegel"-Interview. Ganz im Sinne der Klima-Aktivistin Greta Thunberg, die er im vergangenen Jahr vom englischen Plymouth nach New York zum UN-Klimagipfel gesegelt hatte.
Sechs Frauen am Start - Rekord
Ebenfalls nicht nur den Sport, sondern auch Größeres im Hinterkopf hat Isabelle Joschke. Die 43 Jahre alte Deutsch-Französin ist als eine von sechs Skipperinnen bei der "Vendée Globe" dabei. Die gebürtige Münchnerin, die inzwischen in Lorient (Bretagne) lebt, engagiert sich mit ihrer Initiative "Horizon Mixité" für die Gleichstellung von Männern und Frauen. 2016 war die prestigereiche Regatta eine komplette Männersache gewesen, jetzt sorgt das weibliche Sextett für einen Rekord. "Eigentlich ist es ein Armutszeugnis, dass man sich über sechs Teilnehmerinnen bei der 'Vendée Globe' freut. Bei so einem Event müssten viel mehr Frauen mitmachen. Mitmachen können", sagte Joschke dem Portal "Segelreporter".
