Tierquälerei im Reitsport? Anzeige gegen zwei Niedersachsen

Stand: 21.02.2024 22:05 Uhr

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) hat wegen mutmaßlicher Tierquälerei in den USA Anzeige gegen zwei Personen aus Niedersachsen gestellt. Sie sollen in den Fall Cesar Parra verwickelt sein. Der amerikanische Dressurreiter hat offenbar seine Pferde misshandelt.

Die Bilder und Videos, die zunächst von Unbekannten im Internet veröffentlicht worden waren, sind nichts für schwache Nerven. Sie zeigen, wie die Pferde unter anderem gegen den Kopf geschlagen werden und ihre blutenden Wunden - zum Beispiel Striemen vom Peitscheneinsatz. Außerdem gibt es immer wieder Trainingsmethoden zu sehen, die aufgrund des Tierschutzes streng verboten sind.

"Was in den Videos und Bildern zu sehen ist, ist widerlich. Wir werden alle Register ziehen, um dagegen vorzugehen." FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach

Nachdem die ersten Bilder auf dem offiziellen Instagram-Account des beschuldigten Parra auftauchten, stellte das Portal "Equestrian Worldwide", dem auch die teils verstörenden Aufnahmen vorliegen, die Vermutung an, eine Person aus dem Umfeld des gebürtigen Kolumbianers hätte die Informationen "geleaked", um dem Grauen ein Ende zu machen.

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Ein Pferd mit einem Reiter auf dem Rücken steigt. © Screenshot

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Unter dem Posting, das schnell wieder gelöscht wurde, stand: "A typical day of training. Happy Horses, with animal welfare as a number one priority" - also "Ein typischer Trainingstag. Glückliche Pferde, deren Wohlergehen immer Priorität hat".

Reiterliche Vereinigung setzt auf Behörden

Parra, kolumbianischer Olympia-Teilnehmer 2004 und Goldmedaillengewinner bei den Panamerikanischen Spielen 2011 mit den USA, wurde wegen des Skandals vom Weltreiterverband (FEI) bereits gesperrt. Allerdings hat der Fall längst größere Kreise gezogen - und anscheinend auch eine Verbindung nach Niedersachsen. Denn auf den Bildern und Videos, die auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung "aus unterschiedlichen Quellen" erreichten, konnten zwei Norddeutsche identifiziert werden. Die FN erstattete daraufhin Anzeige.

"Was in den Videos und Bildern zu sehen ist, ist widerlich. Wir werden alle Register ziehen, um dagegen vorzugehen", sagte FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach. "Bei solchem Verhalten reichen unsere rechtlichen Möglichkeiten als Sportverband nicht aus. Hier geht es um strafrechtliche Relevanz, daher wenden wir uns an die staatlichen Behörden, die weitaus größere Ermittlungs- und Sanktionsmöglichkeiten haben."

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FN erteilt Hausverbot und leitet Ausschlussverfahren ein

Intern hat die FN ein Ausschlussverfahren eingeleitet, hieß es weiter. Da die beteiligten Deutschen in ihrem Betrieb auch Pferdewirte ausbilden, hat die Reiterliche Vereinigung den Vorfall nach eigenen Angaben auch bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gemeldet. Sie habe dort beantragt, sowohl dem Betrieb als auch den Personen diesen Ausbilder-Status zu entziehen.

Darüber hinaus hat die FN laut Pressemitteilung für die beiden Personen die Ausstellung einer Jahresturnierlizenz bis auf Weiteres blockiert und ihnen Hausverbot erteilt. Dieses soll für die Geschäftsstelle, den Bundesstützpunkt und alle Eigenveranstaltungen wie die Bundeschampionate gelten.

Verbände aus Hannover und Oldenburg werden aktiv

Weil die beiden Beschuldigten im Verbandsgebiet des Pferdesportverbandes Hannover tätig sind, meldete sich auch der PSV zu Wort und distanzierte sich "selbstverständlich von solchen tierschutzrelevanten Vorfällen und Handlungen". Zusammen mit dem Oldenburger Pferdezuchtverband sei ein gemeinsames, internes Verfahren aufgrund tierschutzwidrigem Verhalten eingeleitet worden.

"Der Vorstand ist sich einig, dass dieses tierschutzrelevante Verhalten der beteiligten Personen nicht akzeptiert wird. Das hat nichts mit fairem Reitsport zu tun, für den wir als Verband stehen", so PSV-Präsidentin Alexandra Duesmann.

Der Verband stehe hinter den von der FN getroffenen Maßnahmen. Zumal sie "in diesem Fall die zuständige Instanz für die Geschehnisse im Ausland ist". Man werde allerdings als Landesverband ebenfalls vom Hausrecht Gebrauch machen: "Wir verhängen bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts gegen die beteiligten Personen aus Niedersachsen ein Hausverbot für alle Verbandsveranstaltungen wie die Landesmeisterschaften in Westergellersen, Seminare und Kader-Lehrgänge", teilte der Vorstand mit.

Erinnerungen an den Fall "Helgstrand Dressage"

Der Parra-Skandal weckt Erinnerungen an den Fall "Helgstrand Dressage", der im vergangenen Jahr den Dressursport erschüttert hat. Damals wurden Video-Aufnahmen aus dem Stall in Dänemark veröffentlicht, die zeigten, wie Pferde auf dem Gestüt des ehemaligen Olympiareiters Andreas Helgstrand misshandelt wurden. Der Reiter wurde daraufhin bis 2025 gesperrt.

Ähnlich dürfte es nun für Parra kommen. Was für eine Strafe die beiden Personen aus Niedersachsen erwartet, so sie denn für schuldig befunden werden, ist offen.

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Medien: FBI ermittelt gegen Parra

Parra droht noch anderer juristischer Ärger. Wie die Fachseite dressage-news.com berichtet, hat das FBI Ermittlungen gegen den 60-Jährigen aufgenommen. Es geht um den Vorwurf des Menschenhandels. Parra soll Aufenthaltsgenehmigungen für Angestellte besorgt und diese damit unter Druck gesetzt haben, um für ihn in seinen Trainingszentren in New Jersey und Florida zu arbeiten. Ehemalige Mitarbeiter bestätigten dies laut dem Bericht gegenüber dem Portal.

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 21.02.2024 | 19:30 Uhr

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