Tennisbaron von Cramm: Triumph des Charakters
Von Cramm, der schon als kleiner Junge Tennis-Weltmeister werden wollte und sich auch vom Verlust der rechten Zeigefingerkuppe durch einen Pferdebiss nicht bremsen ließ, kehrt auf den Court zurück. Beim Vorbereitungsturnier im Londoner Queens Club fegt der liberale Sportsmann mit dem herausragenden Grundlinien- und Volleyspiel den späteren Wimbledonsieger Bobby Riggs mit 6:0, 6:1 vom Platz. Die Teilnahme an Wimbledon und zahlreichen anderen Turnieren bleibt dem Publikumsliebling jedoch verwehrt: Er ist nunmehr vorbestraft, wird erst im Mai 2002 posthum rehabilitiert. Ein Umstand, der ihm während des Kriegs auch die Offizierslaufbahn versperrt. 1940 wird er einberufen. Im Januar 1942 kommt er an die Ostfront und wird kurz danach unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen.
Hochzeit mit Barbara Hutton
Tennis bleibt auch nach dem Krieg von Cramms Leben, er setzt seine Karriere fort. Im April 1946 erhält er von der britischen Besatzung als erster deutscher Sportler die Genehmigung zu einer Auslandsreise. 1947 und 1948 wird der zweimalige French-Open- (1934 und 1936) und sechsmalige Rothenbaum-Sieger (1932 bis 1935, 1948 und 1949) zum ersten Sportler des Jahres gewählt. 1948 ist er Mitbegründer des Deutschen Tennis Bundes (DTB). 1951, mit 41 Jahren, kehrt von Cramm noch einmal auf den heiligen Rasen von Wimbledon zurück, wo er von den Zuschauern stürmisch empfangen wird. Sportlich mithalten kann der Mixed-Gewinner von 1933 (mit Hilde Krahwinkel) aber nicht mehr. Dafür begegnet dem Frauenschwarm Woolworth-Erbin Barbara Hutton wieder, die er Jahre zuvor während seiner ersten Ehe mit Baronesse Elisabeth von Dobeneck kennen gelernt hat. 1955 heiratet er die Ex-Gattin von Cary Grant. Zwei Jahre später ist die Ehe, die 1960 geschieden wird, gescheitert.
"Beneidenswert schönes Tennis"
Sein letztes Davis-Cup-Match (Bilanz: 82 Siege in 102 Matches) bestreitet von Cramm 1953, 1957 beendet er seine Karriere. Sechs Jahre zuvor hat er in Hamburg eine Importfirma für ägyptische Baumwolle gegründet. Am 9. November 1976 kommt er mit 67 Jahren während einer Geschäftsreise bei einem Autounfall in der Nähe von Kairo ums Leben. Posthum wird der Mann, der als bester Tennisspieler gilt, der nie einen Einzeltitel in Wimbledon gewinnen konnte, 1977 als erster Deutscher in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen. Unsterblich aber machte den Niedersachsen, der sich nie verbiegen ließ und an nichts zerbrach, vor allem seine Haltung auf und neben dem Platz. So lobte ihn Donald Budge: "Er spielte schönes, einfach beneidenswert schönes Tennis. Das war ihm wichtiger als der Sieg."
- Teil 1: Freiherr mit Sinn für Fairplay
- Teil 2: Im Visier der Gestapo
- Teil 3: Rückkehr nach Wimbledon mit 41
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