VIDEO: Tschüss, Andi Brehme (15 Min)

Hamburger Fußball-Legende Andreas Brehme gestorben

Stand: 20.02.2024 17:22 Uhr

Andreas Brehme schoss Deutschland 1990 mit seinem Elfmetertor gegen Argentinien zum WM-Titel und krönte damit seine beeindruckende Karriere, die im Hamburger Stadtteil Barmbek begonnen hatte. Nun ist er im Alter von 63 Jahren in München gestorben.

Das bestätigte seine Lebensgefährtin Susanne Schaefer im Namen seiner Familie am Dienstag. "In tiefer Trauer teile ich im Namen der Familie mit, dass mein Lebensgefährte Andreas Brehme heute Nacht infolge eines Herzstillstandes plötzlich und unerwartet verstorben ist", schrieb Schaefer.

Völler: "Andi war unser WM-Held"

Zahlreiche Clubs und ehemalige Mitspieler drückten spontan ihr Mitgefühl und ihre Trauer aus. "Das ist sehr, sehr traurig für den deutschen Fußball und speziell für uns Weltmeister von 1990", betonte Pierre Littbarski.

Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sagte: "Ich bin schockiert, sehr bewegt und unendlich traurig. Mein Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden, denen ich in diesen schweren Stunden viel Kraft wünsche. Andreas Brehme gehört zu den größten und besten Fußballspielern der deutschen Geschichte."

"Andi war unser WM-Held, aber für mich noch viel mehr - er war mein enger Freund und Begleiter bis zum heutigen Tag." Rudi Völler

DFB-Direktor Rudi Völler, der im WM-Finale 1990 den von Brehme verwandelten Elfmeter herausgeholt hatte, erklärte: "Ich kann es gar nicht glauben. Die Nachricht von Andreas' plötzlichem Tod macht mich unendlich traurig. Andi war unser WM-Held, aber für mich noch viel mehr - er war mein enger Freund und Begleiter bis zum heutigen Tag."

Auch FIFA-Präsident Gianni Infantino drückte auf Instagram seine Trauer aus. Er nannte Brehme in seinem Post "eine Ikone des Weltfußballs und eines meiner Idole". Sein Vermächtnis zeuge "von seiner fußballerischen Klasse, seiner Entschlossenheit und seinem Sportsgeist". Seine Karriere werde auch zukünftige Generationen von Fußballern inspirieren, ergänzte Infantino und schrieb abschließend: "Ciao Legende".

"Ruhe in Frieden, lieber Andi!"

Frauen-Interimsbundestrainer Horst Hrubesch reagierte tief betroffen auf den Tod von Brehme. ""Es hat mich natürlich getroffen. Ich werde ihn absolut in super Erinnerung behalten", sagte die HSV-Legende "Ich bin zehn Jahre älter - und bin immer noch da. Mit 63 ist es verdammt früh."

Brehmes Ex-Verein Bayern München schrieb auf X (ehemals Twitter): "Wir werden Andreas Brehme immer in unseren Herzen behalten, als Weltmeister und mehr noch als einen ganz besonderen Menschen. Er wird immer ein Teil der FC Bayern-Familie sein. Ruhe in Frieden, lieber Andi!"

"Hamburger Jung und WM-Held"

"Ein Hamburger Jung und WM-Held ist von uns gegangen", schrieb der HSV, für den Brehme niemals spielte, obwohl er in Hamburg-Barmbek aufgewachsen war und jahrelang beim SV Barmbek-Uhlenhorst aktiv war. Dort wurde er unter anderem von seinem Vater Bernd trainiert, der extrem hart daran arbeitete, dass Andreas mit links und mit rechts gleich gut schießen konnte.

Mit dem 1. FC Kaiserslautern wurde Brehme im Herbst seiner Karriere sensationell deutscher Meister. Der Club schrieb auf X: "Die FCK-Familie ist in tiefer Trauer und in Gedanken bei den Angehörigen und Freunden von Andi Brehme. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren."

Der Mann für die wichtigen Momente

Brehme bleibt als versierter und vielseitiger Fußballer in Erinnerung. Und als jemand, der in großen Spielen eigentlich immer zur Stelle war. In seiner gesamten Karriere erzielte er lediglich acht Tore in 86 Länderspielen, fünf davon jedoch bei Welt- und Europameisterschaften - drei dieser Treffer schlugen bei WM-Halbfinal- und Finalspielen zu Buche.

Weitere Informationen
Torjubel von Andreas Brehme, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und anderen Spielern. © dpa picture alliance

Das WM-Finale 1990 in voller Länge

Deutschland - Argentinien in Rom mit dem Originalkommentar von Gerd Rubenbauer und Karl-Heinz Rummenigge. extern

Wenn es drauf ankam, war Andreas Brehme zur Stelle - egal, ob mit links oder rechts. "Als Fußballer habe ich selten jemanden gesehen, der so beidfüßig und variabel einsetzbar war", betonte Ex-FCK-Teamkollege Stefan Kuntz. Die Nachricht von Brehmes Tod habe ihm "einen sehr kalten Schauer über den Rücken gejagt".

Der HSV verpasst die große Chance

Als Hamburger Jung hätte Brehmes Weg eigentlich zum HSV führen müssen. Doch im Jahr 1980 entging dem Hamburger SV die Verpflichtung des großen Talents: Brehme stellte sich im Probetraining vor. Doch die damaligen Verantwortlichen boten dem 20-Jährigen nur einen Amateurvertrag an - zu wenig für den jungen Andreas Brehme, der Größeres anstrebte.

Auf Empfehlung des damaligen HSV-Profis Felix Magath wechselte Brehme zum Zweitligaclub 1. FC Saarbrücken. Magath hatte von 1972 bis 1976 selbst für die Saarländer gespielt, ehe er an die Elbe wechselte.

Vom Jungprofi zum Stammspieler

Bei seiner ersten Profistation avancierte Brehme sofort zum Stammspieler: In 36 von 38 Zweitliga-Partien der Saison stand er auf dem Platz und erzielte dabei drei Treffer. Den Abstieg der Saarländer konnte er jedoch nicht verhindern. Die Zweitliga-Saison 1980/81 lohnte sich für Brehme dennoch: Den Verantwortlichen des Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern war das Talent aus der unmittelbaren Nachbarschaft nicht entgangen.

Sie nahmen den Abwehrspieler unter Vertrag. Auch bei den Pfälzern setzte sich der Hamburger schnell durch. Seine Beidfüßigkeit und seine Torgefahr (Brehme traf in 301 Bundesligaspielen 50 Mal) sorgten schon bald für den nächsten Karrieresprung: Nach Einsätzen in der U21-Nationalmannschaft (drei Partien) und in der Olympia-Auswahl (zehn Einsätze) debütierte Brehme 1984 in der A-Nationalelf.

Von München nach Mailand mit Matthäus

Es folgte der in der Bundesliga für herausragende Spieler nahezu unvermeidbare Vereinswechsel: Der große FC Bayern München sicherte sich die Dienste des Vize-Weltmeisters von 1986. Ein Jahr später durfte Brehme mit den Münchnern seinen ersten Meistertitel feiern. Und wieder profitierte er von der Idee eines Mitspielers: Lothar Matthäus wechselte vom FC Bayern zu Inter Mailand und konnte die Italiener davon überzeugen, auch seinen Freund Brehme mitzuverpflichten.

Mit Inter wurde der Hamburger auch in der Serie A Meister und dort zugleich zum Fußballer des Jahres gewählt. Unvergessen in dieser Zeit und danach, wie er mit seinen Landsmännern Matthäus und Jürgen Klinsmann das deutsche Dreigestirn von Inter Mailand bildete, um national wie international für Furore zu sorgen.

Elfmeter links wie rechts

Das Jahr 1990 mit der Weltmeisterschaft in Italien brachte dann den Karriere-Höhepunkt Brehmes: In der 85. Minute des Endspiels von Rom trat der Verteidiger gegen Argentiniens Torwart Sergio Goycochea zum Elfmeter an. Freund und Mannschaftskapitän Matthäus hatte "gekniffen", aber Brehme schritt zum Punkt, als sei es die normalste Sache der Welt: "Ob ich mich daran erinnern kann, woran ich in diesem entscheidenden Moment gedacht habe? Nein, natürlich nicht. Ich habe überhaupt nichts gedacht. Ich wollte nur, dass der Ball reingeht", sagte er später einmal.

Andreas Brehme verwandelt im WM-Finale 1990 den entscheidenden Elfmeter. © picture alliance
Der Schuss für das Geschichtsbuch: Im WM-Finale 1990 gegen Argentinien schießt Brehme per Elfmeter den Siegtreffer.

Der Rest ist Geschichte: Brehme traf, Deutschland versank im schwarz-rot-goldenen Freudentaumel. Das Interessante dabei: Brehme schoss mit rechts, dabei hatte er vier Jahre zuvor einen Elfmeter im WM-Viertelfinale gegen Mexiko noch mit seinem anderen Fuß verwandelt. Und noch eine Besonderheit: Brehme ist bis heute der einzige Spieler, der ein WM-Finale durch einen Strafstoß in der regulären Spielzeit entschieden hat.

Abstieg, Aufstieg, Meistertitel

Außergewöhnlich verlief die Karriere des Fußballprofis auch nach seiner Rückkehr aus Italien in die Bundesliga. Unvergessen sind für Deutschlands Fußballfans die Bilder innerhalb einer Woche im Sommer 1996, als Brehme mit seiner "großen Liebe" Kaiserslautern erst unter Tränen abstieg, um dann nur wenige Tage später in Berlin den DFB-Pokal zu gewinnen. Aus dieser Saison stammt auch Brehmes ebenso unvergessene Bewertung der misslichen Lauterer Lage:

"Hast Du Scheiße am Fuß, hast Du Scheiße am Fuß." Andreas Brehme

Ein Jahr später stiegen die Pfälzer dann wieder auf und holten als erstes und bislang einziges Team direkt die Meisterschaft. Brehme schaffte eben immer das, was viele verblüffte. Die Meisterschale gab es passenderweise am letzten Spieltag im Volksparkstadion - nach der Partie beim HSV.

Startrekord und Rausschmiss

Seine zweite Karriere begann vielversprechend. Im Sommer 2001 gewann Brehme als Teammanager der Kaiserslauterer die ersten sieben Bundesliga-Spiele in Folge, um damit einen Rekord aufzustellen, der erst 2012 von Bayern München gebrochen wurde.

Doch das Blatt wendete sich: Nach dem Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Friedrich wurde Brehme entlassen, und der Hamburger hatte auch als Coach bei Zweitligist SpVgg Unterhaching sowie als Assistent von Giovanni Trapattoni beim VfB Stuttgart keinen Erfolg.

Anschließend war er als Botschafter für den DFB tätig sowie Anteilseigner bei mehreren Unternehmen.

Bewegende Worte zum Tode Franz Beckenbauers

Noch im Januar dieses Jahres hatte Brehme rührende Worte zum Tod von Franz Beckenbauer geäußert. "Ich denke, im Himmel wird er mit Pelé und Maradona ein magisches Dreieck gründen", sagte er: "Als kleiner Junge hatte ich, wie vermutlich jeder Junge in Deutschland, über meinem Bett ein Franz-Beckenbauer-Poster hängen. Später wurde er mein Boss und ich durfte mit ihm arbeiten. Und am Ende wurden wir enge Freunde. Ich habe deshalb dem Franz sehr viel zu verdanken."

Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 20.02.2024 | 10:17 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

50 Jahre Bundesliga

Mehr Sportmeldungen

Montage: Cheftrainerin Theresa Merk vom SC Freiburg (l.) und Kim Kulig vom FC Basel © Imago Images

Merk, Kulig und Co - Warum gibt es kaum deutsche Top-Trainerinnen?

Die Fußball-Bundesliga der Frauen könnte in der kommenden Saison ohne eine einzige Cheftrainerin stattfinden. Doch neue Trainerinnen sind in Sicht - und hoffen auf den Mut der Vereine. mehr