Alan Gilbert & Alisa Weilerstein in Lübeck
Zwei große Bs beim NDR Elbphilharmonie Orchester: Alisa Weilerstein spielt Brittens Cello-Sinfonie, Alan Gilbert dirigiert Brahms’ Zweite am 23. Januar in der Musik-und Kongresshalle in Lübeck.
Das Beste fürs Cello: Weilerstein und Britten
Alisa Weilerstein sei "eine Reminiszenz an ein früheres Zeitalter klassischer Interpreten", schrieb die New York Times einmal, "sie begnügt sich nicht damit, als Gefäß für die Wünsche des Komponisten zu dienen, sondern nimmt ein Stück vollständig in sich auf und macht es zu ihrem eigenen Zweck." Und die amerikanische Star-Cellistin beschränkt sich dabei nicht etwa nur auf das Standard-Repertoire! Für ihr erneutes Comeback zum NDR Elbphilharmonie Orchester unter Chefdirigent Alan Gilbert nimmt sie nun ein Stück in sich auf, das die wenigsten vermutlich schon einmal im Konzertsaal gehört haben: Benjamin Brittens Sinfonie für Cello und Orchester. Wie es der Titel verspricht, sind in diesem viersätzigen Werk Solo und Orchester aufs Engste miteinander verwoben. Gemeinsam finden sie den musikalischen Weg aus der Finsternis ans Licht: 1963 für den berühmten Mstislaw Rostropowitsch komponiert, reflektiert Britten in seiner konzertanten Sinfonie die Schrecken des Zweiten Weltkriegs, verbreitet im Finale aber auch Hoffnung. "Das Beste, was je für Cello komponiert wurde", befand Rostropowitsch schlicht und ergreifend.
Brahms 2: "Liebliches Ungeheuer"
Den versöhnlichen Faden vom Ende der Cello-Sinfonie spinnt dann die scheinbar vorbehaltlos freundliche Orchester-Sinfonie nach der Pause weiter: Mit ihrer gelösten Stimmung und ihren liedhaft-lyrischen Themen gilt Johannes Brahms’ Zweite in D-Dur landläufig als des Komponisten "Pastorale". Welch ein Unterschied zur mühsam abgerungenen Ersten Sinfonie! "Harmlos" ist das kunstvoll aus einer einzigen motivischen Urzelle entwickelte Werk deswegen aber noch lange nicht: Die Partitur müsse "mit Trauerrand" erscheinen, meinte Brahms über sein "liebliches Ungeheuer" nur halb im Scherz – eine Warnung, auch das Heitere bloß nicht zu leicht zu nehmen…
Autor: Julius Heile
