Stand: 29.07.2019 13:03 Uhr

Künstliche Intelligenz: Aus Vision wird Alltag

von Markus Plettendorff, NDR Info

Wo begegnet uns Künstliche Intelligenz (KI) schon heute in Industrieprodukten? Welche Chancen sehen große Konzerne darin für die Zukunft? NDR Info wirft einen Blick in die Automobilbranche.

Ein Mitarbeiter von Bosch fährt auf der Autobahn 81 bei Abstatt (Baden-Württemberg) in einem Auto, das als Prototyp für autonomes Fahren genutzt wird. © dpa- Bildfunk
Das Pkw-Cockpit wird dem Fahrer künftig vielerlei Entscheidungen abnehmen.

Spätestens wenn das autonome Fahren in einigen Jahren mehr als eine Zukunftsvision ist, wird nicht ein Fahrer, sondern Künstliche Intelligenz darüber entscheiden, ob ein Ausweichmanöver ausreicht oder eine Vollbremsung nötig ist, um einen möglichen Unfall zu verhindern. Doch schon in aktuellen Fahrzeugen finden sich Vorstufen von Künstlicher Intelligenz. Fahrassistenz-Systeme erkennen Verkehrszeichen, Müdigkeit oder Hindernisse.

KI im Auto zum Erkennen von Fußgängern

Beim Automobilzulieferer Continental sieht man großes Potenzial für den Einsatz intelligenter Algorithmen. "In der Entwicklungspipeline haben wir weitere, auf Künstlicher Intelligenz basierende Funktionen - wie zum Beispiel Fußgängererkennung", sagt Demetrio Aiello, Leiter des Forschungsbereichs Künstliche Intelligenz und Robotik. Mithilfe von KI könnten Verbesserungen bei der Erkennung von Fußgängern erzielt werden, vor allem, wenn diese teilweise verdeckt sind. Kameras und Software sollen künftig sogar erkennen können, ob ein Fußgänger gerade aufmerksam den Verkehr beobachtet - oder ob er von seinem Smartphone abgelenkt wird.

KI in Produktion und Logistik bei VW

Zwei Mitarbeiter arbeiten im Smart-Production-Lab bei Volkswagen in Wolfsburg. © VW
VW tüftelt an Künstlicher Intelligenz im Smart Production Lab in Wolfsburg.

Auch beim Autobauer Volkswagen in Wolfsburg spielt Künstliche Intelligenz eine zunehmend wichtigere Rolle. In der IT-City von Volkswagen arbeiten rund 40 Expertinnen und Experten im Smart Production Lab an Verbesserungen von Produktionsprozessen und der Logistik, die mit großen Rechenleistungen und intelligenten Algorithmen optimiert werden sollen. "Wir sehen einfach, dass unser Fertigungssystem sehr, sehr komplex ist, weil wir komplexe Produkte in einer hohen Varianz anbieten. Die Prozesse sind sehr gut durchgeplant. Aber Künstliche Intelligenz kann uns dann dabei helfen, schneller zu reagieren, wenn unvorhergesehene Einflussfaktoren hineinkommen", sagt Jan Wipke, der Leiter des Smart Produktion Labs.

Fehlen für die Produktion eines bestimmten Fahrzeugmodells zum Beispiel Teile, so hilft Künstliche Intelligenz zu entscheiden, in welcher Reihenfolge andere Modelle auf die Fertigungsstraße genommen werden, um diese optimal auszulasten. Wipkes Team hat Kamerasysteme entwickelt, die selbständig erkennen, ob Materialcontainer vollständig und korrekt beladen sind und ob auf einem Lkw die richtige Ware angeliefert wurde. Intelligente Zulieferfahrzeuge, die sich selbständig ihren Weg suchen, und die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine sind weitere Versuchsfelder des Smart Production Labs.

Technik hat Grenzen: Ohne den Menschen geht es nicht

Doch noch habe Künstliche Intelligenz Grenzen, gibt Wipke zu bedenken: "Künstliche Intelligenz kann ich sehr speziell auf bestimmte Tätigkeiten anlernen. Und das kann sie in einer hohen Frequenz sehr gut immer wiederkehrend tun. Aber sobald ich an Randbereiche oder neue Umgebungen herankomme, kommt Künstliche Intelligenz an ihre Grenzen." Deshalb sei die Vision einer menschenleeren Produktionshalle nicht nur noch weit entfernt, sondern gar nicht gewollt.

Deutschland liegt zurück

Matthias Zacher ist Manager bei IDC, einem Anbieter von Analysen und Beratungen im Bereich der Informationstechnologie. Seine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass deutsche Unternehmen in Sachen Künstliche Intelligenz international zurückliegen. "Das zeigt sich ganz deutlich, dass einerseits in Deutschland schon relativ viel Grundlagenforschung betrieben wird, andererseits aber die Umsetzung dieser sicher sehr guten Erkenntnisse leider noch nicht so in die Unternehmen Einzug gehalten hat, wie man sich wünschen sollte."

Vor allem fehlende Fachkräfte bremsen KI-Aktivitäten in vielen, vor allem kleineren Unternehmen. Dennoch planen der Studie zufolge fast 90 Prozent der befragten Firmen die Umsetzung eines neuen KI-Projekts innerhalb des nächsten Jahres.

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Ein Hautarzt untersucht mit einer Lupe die Haut eines Patienten. © picture alliance Foto: Karl-Josef Hildenbrand

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Infoprogramm | 29.07.2019 | 06:50 Uhr

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Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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