Kriminalität in Hamburg: Elf Prozent mehr Straftaten in 2023

Stand: 09.02.2024 08:03 Uhr

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Falk Schnabel haben am Donnerstag die Kriminalstatistik für das Jahr 2023 vorgestellt. Demnach ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr in Hamburg um knapp elf Prozent gestiegen. Gewaltverbrechen gab es vor allem im Bezirk Hamburg-Mitte.

Die Zahl der Straftaten in Hamburg ist laut Kriminalstatistik im vergangenen Jahr um 10,9 Prozent gestiegen. Es seien 234.241 Delikte von der Polizei erfasst worden, sagte Innensenator Grote. Damit ist die Zahl erstmals wieder höher, als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019.

Innensenator Grote: "Hamburg bleibt eine sehr sichere Stadt"

Das vergangene Jahr sei das erste ohne Corona-Einschränkungen gewesen, erläuterte Grote. Bis April 2022 hätten die Pandemie-Maßnahmen sich noch dämpfend auf die Kriminalität ausgewirkt, sagte der Senator als Erklärung für den Anstieg. Er betonte dennoch: "Hamburg ist und bleibt eine sehr sichere Stadt." Rechne man die Bevölkerungsentwicklung mit ein, habe die Stadt - abgesehen von den Pandemie-Jahren - nur 2018 und 2019 weniger Straftaten auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner verzeichnet. Polizeipräsident Falk Schnabel hob die Aufklärungsquote von 48,2 Prozent hervor. Das sei der höchste Stand seit 1997.

Viele Straftaten durch Kontrollen entdeckt

Als zweiten Grund für den Anstieg der registrierten Straftaten nannte Grote die sogenannten Kontrolldelikte. Bei den vermehrten Kontrollen der Polizei seien deutlich mehr Delikte erfasst worden. So fand der Anstieg der registrierten Verbrechen laut Kriminalstatistik zu mehr als drei Vierteln im Bezirk Hamburg-Mitte - und dort vor allem in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg - statt. Dort führte die stärkere Polizeipräsenz - unter anderem durch die gemeinsamen Streifen von Polizei, Bundespolizei, der DB Sicherheit und der Hochbahnwache rund um den Hauptbahnhof - zu mehr aufgedeckten Straftaten.

Jede vierte registrierte Straftat ein Kontrolldelikt

Bei den sogenannten Kontrolldelikten - die wegen einer erhöhten Polizeipräsenz auffallen - gab es starke Anstiege etwa bei Ladendiebstählen (Plus 39 Prozent), Hausfriedensbruch (Plus 82 Prozent) oder auch Drogendelikten (Plus 16 Prozent). Jede vierte registrierte Straftat ist den Angaben zufolge ein solches Kontrolldelikt, es seien über 11.000 Straftaten mehr als noch im Vorjahr und zugleich der höchste Stand der vergangenen zehn Jahre.

Brennpunkte St. Pauli und St. Georg

Auch bei der Zunahme von Raubdelikten und schwerer Körperverletzung stechen die Stadtteile St. Georg und St. Pauli hervor. Insgesamt gibt es auch hier einen Anstieg von elf Prozent. Allein in St. Georg registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 465 Raubdelikte, 110 mehr als im Vorjahr. Demnach wurde 2023 jedes fünfte Raubdelikt im Stadtteil St. Georg erfasst. Ähnlich sieht es bei den Körperverletzungen aus, in diesem Bereich registrierte die Polizei in St. Georg im vergangenen Jahr ein Plus von 132 gefährlichen Körperverletzungsdelikten im Vergleich zum Vorjahr (Plus 22 Prozent). Rechnet man die Fälle in St. Pauli (185 Taten mehr) dazu, wurde fast jede vierte in Hamburg erfasste gefährliche Körperverletzung in 2023 in diesen beiden Stadtteilen begangen. Hamburgweit stieg die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen um etwa sechs Prozent, die Zahl der einfachen Körperverletzungen um zehn Prozent.

Zahl der Tötungsdelikte sinkt kontinuierlich

Bei den Tötungsdelikten zählte die Polizei 74 Fälle, davon 48 Versuche. In 12 Fällen wurde bei einem Tötungsdelikt mit einer Schusswaffe geschossen, in 34 Fällen ein Messer benutzt. Im Vorjahr wurden 35 Tötungsdelikte erfasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Taten erst nach dem Abschluss der Ermittlungen in die Statistik einfließen. Von den 74 in der diesjährigen Kriminalstatistik erfassten Fällen wurden 53 in 2023 und 21 Fälle in den Vorjahren begangen. Insgesamt geht die Zahl der Tötungsdelikte pro 100.000 Einwohner in der Langzeitentwicklung kontinuierlich zurück.

Wohnungseinbrüche weiter auf einem niedrigen Niveau

Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist um 574 gestiegen, das war fast ein Viertel mehr als 2022. Trotz dieses Anstiegs liegt die Zahl der Einbrüche mit 3.080 Fällen immer noch unter dem Vor-Pandemie-Niveau und weit unter den Zahlen der Jahre bis 2015. In etwa 50 Prozent der Fälle blieb es beim Versuch und die Täter oder Täterinnen scheiterten an gut gesicherten Fenstern oder Türen. Ähnlich hoch war der Anstieg bei Taschendiebstahl, Kreditkarten- und Tankbetrug.

Weniger Fahrraddiebstähle

Deutlich gesunken ist hingegen die Zahl der Fahrraddiebstähle. Obwohl mehr Fahrräder unterwegs sind, registrierte die Polizei im vergangenen Jahr rund 13.500 Fahrraddiebstähle - etwa 1.200 Fälle weniger als im Vorjahr (Minus 8 Prozent). Laut Polizei liegt das vor allem daran, dass Besitzer und Besitzerinnen mehr Wert auf die Sicherung der Fahrräder legen.

Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel (links) und Innensenator Andy Grote (SPD) präsentieren die Kriminalstatistik. © dpa
AUDIO: Hamburger Kriminalstatistik für 2023 vorgelegt (1 Min)

Reaktionen: SPD und Grüne betonen Erfolge

SPD und Grüne betonten in ihren Reaktionen auf die Kriminalstatistik die Erfolge: Die höchste Aufklärungsquote seit der Jahrtausendwende, Wohnungseinbrüche auf niedrigem Niveau, kaum steigende Verbrechenszahlen in den allermeisten Stadtteilen. Und ein Zuwachs vor allem dort, wo die Polizei mehr Präsenz zeigt, mehr sieht und mehr Anziegen aufnimmt - rund um den Hauptbahnhof. Bei Beziehungsgewalt und Sexualtaten trauten sich immer mehr Opfer auch, Anzeige zu erstatten.

CDU fordert Senat zum Gegensteuern auf

CDU-Chef Dennis Thering betont einen anderen Punkt: Es seien die höchsten Verbrechenszahlen seit 2016. Da müsse der Senat gegensteuern mit mehr Polizei, mehr Videoüberwachung und Waffenverbotszonen.

Auch Kritik von AfD und Linken

Die AfD sieht Hamburg als norddeutsches Zentrum der Kriminalität und plädiert für mehr Abschiebungen ausländischer Straftäter. Die Linke hält den großen Kräfteeinsatz der Polizei gegen Obdachlose und Drogenkranke am Bahnhof für falsch. Es brauche mehr soziale Angebote und mehr Einsatz gegen Wirtschaftskriminelle.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 09.02.2024 | 08:00 Uhr

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