Hamburger Senat will beim Klimaschutz schneller vorankommen

Stand: 29.08.2023 20:35 Uhr

Der rot-grüne Senat in Hamburg zieht beim Klimaschutz die Zügel an. Er beschloss am Dienstag das sogenannte Klimaschutzstärkungsgesetz, das noch in diesem Jahr von der Bürgerschaft verabschiedet werden soll.

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen im Verkehr, bei der Energieerzeugung oder beim Bau soll den Klimaschutz in Hamburg voranbringen. Nach Angaben von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) soll bereits im kommenden Jahr auch für Bestandsgebäude eine Photovoltaikpflicht bestehen. Wer dann sein Dach grundlegend sanieren wolle, müsse mindestens 30 Prozent der Fläche mit Solar-Paneelen versehen. Von 2027 an soll zudem sowohl für Neu- als auch Bestandsbauten eine Gründachpflicht bestehen. Darüber hinaus sollen unter anderem neue Parkplätze mit mindestens 35 Stellplätzen ebenfalls mit Solaranlagen ausgestattet werden müssen.

Kerstan: Klimaveränderung beim Bauen berücksichtigen

Auch müsse in Hamburg beim Bauen die Klimaveränderung schon berücksichtigt werden, sagte Kerstan bei der Landespressekonferenz am Dienstag. "Wir sind ja schon mitten im Klimawandel - in der Klimakatastrophe - und deshalb muss man eben neben den Klimaschutzmaßnahmen auch immer die Anpassung dabei haben."

Senat verschärft Klimaschutzziele

Durch die vielen Maßnahmen will Hamburg bis 2030 die CO2-Emissionen um 70 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reduzieren. Bisher war eine Reduzierung um 55 Prozent geplant. Bis 2045 - statt bisher 2050 - strebt die Stadt eine Emissionsminderung von mindestens 98 Prozent an, um damit CO2-neutral zu werden.

Umweltsenator: Eigentlich wäre noch mehr nötig

Der Umweltsenator betonte, dass eigentlich noch mehr Maßnahmen nötig wären, wenn man auf die Klimaforschung hören würde. Aber was der Senat jetzt vorlege, sei das, was derzeit gesellschaftlich maximal durchsetzbar sei.

Andreas Gaertner im Studio von NDR 90,3 © NDR Foto: Marco Peter
AUDIO: Klimaschutzgesetz: Hamburger Senat verschärft Ziele (1 Min)

Umweltschutzorganisationen nicht überzeugt

"Die geplanten Maßnahmen sind in Teilen eine Wette auf die Zukunft und scheinen in der Summe kaum geeignet, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern", sagte der Hamburger Chef der Umweltschutzorganisation NABU, Malte Siegert. Die ganz großen Stellschrauben blieben unangetastet. Für den BUND besteht eine gewaltige Kluft zwischen den ehrgeizigen Klimazielen des Senats und der tatsächlichen Anstrengung, diese auch zu erreichen. Die Hamburger Sprecherin der Klimabewegung "Fridays for Future", Annika Rittmann, sagte, ohne jährliche Zwischenziele, die verlässlich eingehalten würden, und klare Verantwortlichkeiten im Senat sei Klimaneutralität nicht zu schaffen.

Warnungen aus der Wirtschaft

Der Industrieverband Hamburg mahnte realistische Übergangspfade und pragmatische Genehmigungsverfahren an. Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) erklärte, angesichts der schwierigen Lage beim Wohnungsbau sollte alles vermieden werden, was die Schaffung bezahlbaren Wohnraums verteuere.

Kritik der Opposition

Während die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen die Maßnahmen des Senats lobten, sprachen die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft von der Mogelpackung des Jahres. Die CDU sprach von altem Wein, der in neuen Schläuchen verkauft werden solle. Die AfD teilte mit: "Die Drangsalierungen zur Verhinderung einer vermeintlichen Klimakatastrophe gehen weiter." Die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein nannte die Pläne in Zeiten einer veritablen Baukrise und deutlich sinkender Wohnungsbauzahlen verantwortungslos.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 29.08.2023 | 15:00 Uhr

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