Kolumne: "Igel leiden leise"
Weniger Insekten, weniger naturbelassene Gärten: Weil Igel immer schwieriger Nahrung und geeignete Unterschlüpfe finden, hat ihn die Deutsche Wildtier Stiftung zum Wildtier des Jahres 2024 erklärt.
Neugierig erkundet er mit seiner Stupsnase die Welt und schnüffelt an jedem Blatt - ich freue mich jedes Mal, wenn ich den kleinen Igel durch die Gegend tapsen sehe. Und es beeindruckt mich, dass er genau weiß, wann er sich zusammenrollen und schützen muss. Ich habe ihm sogar einen Namen gegeben: Stachelbert heißt er. Er wohnt in einem Laubhaufen unter dem Beerenobst, und ich freue mich, wenn er abends auf meiner Terrasse vorbeischaut.
Mähroboter und milde Winter gefährden das Leben von Igeln
Igel leiden leise, habe ich gelesen, denn sie stehen vor vielen Gefahren. Die Winter sind oft zu mild. Daher wachen Igel aus dem Winterschlaf auf; irren umher und finden kein Futter. Sie fressen Insekten, aber auch die werden immer weniger. Also greifen sie auf Schnecken zurück und fangen sich mit ihnen Parasiten ein - oder geraten an Schneckenkorn, an dem nicht nur die Schnecke, sondern auch der Igel verendet. Hinzu kommt zu viel Licht in den Gärten, dichter Verkehr auf den Straßen und die super sauberen, wie geleckt wirkenden Grünflächen, in denen kein ein einziges Blatt mehr zu finden ist. Dazu noch Mähroboter, die nicht nur den Rasen stutzen. Wegen dieser Gefahren geht die Anzahl der Igel zurück, und er wurde deshalb zum Wildtier des Jahres ernannt; er steht auf der Vorwarnliste der bedrohten Arten.
"Weniger ist mehr - das gilt für Igel und für uns"

Stachelbert ist mir ans Herz gewachsen und deshalb behalte ich ihn im Auge, beziehungsweise meinen Nachbarn, wenn er wieder mit dem Rechen in die Beete geht. Er könne doch nicht ernsthaft wollen, dass Stachelbert mit seiner Stupsnase und dem kleinen Kuschelbauch obdachlos wird, frage ich ihn schmunzelnd und feilsche mit ihm um ein paar wilde Ecken im Garten.
Weniger ist mehr - das gilt für Igel, für unsere Gärten und letztlich auch für uns. Denn wer weiß, vielleicht zeigen uns Igel auch, wie wir selbst gut durch den Winter kommen: zu spüren, wann es Zeit ist, sich einzuigeln in einem warmen Nest, und aber auch neugierig die Nase in den Wind zu halten, um die Welt zu erkunden.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastor:innen und Redakteur:innen ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.
