Das "Septembertestament", aufgeschlagen ist die Offenbarung des Johannes, illustriert von Lucas Cranach dem Älteren, mit 21 farbigen, ganzseitigen Holzschnitten gehört am 28.02.2014 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Niedersachsen) zu den rund 50 Exponaten der Ausstellung "1.000 Jahre Schrift und Bild". © picture alliance / dpa Foto: Holger Hollemann

1522 erscheint das Septembertestament von Martin Luther

Stand: 07.09.2022 10:13 Uhr

Wittenberg vor 500 Jahren, im September 1522. Damals entsteht hier die erste Auflage von Martin Luthers "Neuem Testament in Deutsch", insgesamt 3.000 Exemplare. Die Ausgabe trägt den Namen Septembertestament.

von Pastor Oliver Vorwald

Die Drucker arbeiten unermüdlich, reihen Bleibuchstaben aneinander, streichen Farbe auf die Platten. Eile ist geboten. Denn die Bücher sollen pünktlich zur Leipziger Herbstmesse in den Handel. Dieser Markt findet Ende des Monats statt, daher rührt auch der Name für diese Bibelausgabe: Septembertestament. Die 3.000 Bände der Erstauflage sind in Windeseile vergriffen, sie wird ein Bestseller. Denn der Reformator übersetzt Evangelien, Apostelgeschichte und Paulusbriefe auf eine Art und Weise, wie es vor ihm noch niemand getan hat …

Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt darum fragen, wie sie reden, und darnach dolmetschen. Aus dem Sendbrief zum Dolmetschen, 1524

Martin Luther "schaut dem Volk aufs Maul"

Es gibt im 16. Jahrhundert bereits einige Bibelübersetzungen. Aber die klingen sperrig, ungelenk, haben kaum Erfolg. Martin Luther orientiert sich an der sächsischen Kanzlei-Sprache, die überall in Deutschland verstanden wird. Und er hört seinen Zeitgenossen zu, "schaut dem Volk aufs Maul". Denn jedes Kind soll die biblischen Geschichten verstehen können. Sie sind Seelenfutter. Wie gut Martin Luther das gelingt, zeigen beispielsweise Redewendungen, die auf seine Bibelübersetzung zurückgehen und bis heute geläufig sind: "Jemanden auf Händen tragen", "Perlen vor die Säue", "Von Pontius zu Pilatus rennen". Diese Sprach- und Übersetzungs-Aufgabe hört für den Reformator nie auf. Martin Luther arbeitet bis zu seinem Tod daran, sucht nach passenden Worten ...

Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt darum fragen, wie sie reden, und darnach dolmetschen. Aus Sendbrief zum Dolmetschen, 1524

30 Exemplare des Septembertestaments existieren noch

Von den 3.000 Exemplaren des Septembertestaments von 1522 existieren heute noch 30 Exemplare weltweit. Eines davon gehört zum Bestand der Marktkirchen-Bibliothek in Goslar. Es lässt sich am Kulturmarktplatz im Zentrum der Stadt in einem Schaudepot ansehen. Dort ist es für alle Interessierten zugänglich. Ganz im Sinne von Martin Luther. Denn die biblischen Geschichten sind Seelenfutter für alle Menschen.

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Das Lutherdenkmal an der südlichen rechten Seite des Hauptportals der Marktkirche Hannovers Innenstadt. © picture alliance/dpa Foto: Hauke-Christian Dittrich

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | 10.09.2022 | 19:15 Uhr

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