Zeitreise: Der Märchensammler Karl Müllenhoff
Er war neben den Gebrüdern Grimm einer der wichtigsten Sammler von Märchengeschichten: Karl Müllenhoff. Im 19. Jahrhundert startete der gebürtige Marner sein eigenes Märchenprojekt.
Er hatte bei den Gebrüdern Grimm studiert, war Germanistik-Professor in Kiel und Berlin - und startete ein eigenes Märchenprojekt: Karl Viktor Müllenhoff. Der gebürtige Marner begann in den 1840er-Jahren, Märchen, Sagen und Liedtexte zu sammeln, die in den damaligen Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg erzählt und gesungen wurden. Er hatte die begründete Sorge, dass sie bald vergessen werden könnten; und dann wären die jahrhundertealten Geschichten für immer verloren. "Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, nach dem Napoleonischen Wirrwarr, war man auf der Suche nach Dingen, die echt deutsch waren", sagt Heimatforscher und Müllenhoff-Kenner Frank Trende. "Und da hat man die Märchen und die Sagen entdeckt".
Tiefgreifender Umbruch in der Gesellschaft
Lesen und Schreiben war damals auf dem Land nicht allzu weit verbreitet. Das Erzählen uralter Geschichten erfreute sich dagegen besonderer Beliebtheit. Nur mündlich wurden sie von Generation zu Generation weitergegeben. Nun aber kündigte sich ein tiefgreifender Umbruch in der Gesellschaft an: Die Dampfmaschine, die Eisenbahn, die aufkommende Industrie in den Städten - all das begünstigte eine Landflucht. Und damit, so fürchtete Müllenhoff, stand auch die Tradition des Geschichtenerzählens auf der Kippe.
Sagen und Märchen mit regionaler Identität
Aber in den Sagen und Märchen, so vermutete Müllenhoff, steckte ein großer Teil der regionalen Identität - und die wollte er retten. Also startete er Aufrufe im ganzen Land und schrieb die Geschichten auf, bevor sie verloren gehen konnten. 600 dieser Texte hat er veröffentlicht. "Das ist", so Frank Trende, "was eine Sammlung für die Regionen angeht, sicherlich eine der bedeutendsten Sammlungen, die es im deutschen Sprachraum gibt".
