Als Kinder die Bad Segeberger Kalkberghöhle entdeckten
In der Öffentlichkeit haben die Kinder nie gestanden. Aber viele, die sie aus der Schule kannten, erzählten die Geschichte über Generationen weiter. Die Geschichte der Entdeckung der Kalkberghöhle.
Vor genau 100 Jahren kaufte die Stadt Bad Segeberg das heutige Wahrzeichen der Stadt, den Kalkberg. Sie legte so die Grundlage für das spätere Freilichttheater. 50.000 Mark mussten sie dafür an das zuständige Bergamt bezahlen. Damit gehörte der Stadt nicht nur der Berg. Sie konnte auch bestimmen, wie weit der begehrte Gips noch abgebaut werden durfte. Und: Die Stadt konnte von jetzt an auch entscheiden, wie es mit der Höhle unter dem Berg weitergeht. Die war schon damals, 1921, ein Publikumsrenner. Mit mehr als 100.000 Besucherinnen und Besuchern jedes Jahr.
Was aber heute kaum noch jemand weiß: Es waren spielende Kinder, die einst die Bad Segeberger Kalkberghöhle entdeckt hatten. Nur noch wenige Bad Segeberger, deren Großeltern hier schon aufgewachsen sind, kennen die Geschichte um die sagenumwobene Höhle und ihre Entdeckung …
Der Abenteuerspielplatz Kalkberg
In der Lübecker Straße und Oberbergstraße, direkt am Bad Segeberger Kalkberg, da wohnten um 1912 Fritz, August und Wilhelm. Sie waren damals 12, vielleicht 13 Jahre alt, Schüler in Bad Segeberg und vor allem: abenteuerlustig. An Wochenenden wurde im Steinbruch nicht gearbeitet. Dann trafen sich die Jungs heimlich dort, um die Steinwüste am Kalkberg zu erkunden. Ein regelrechter Abenteuerspielplatz. Betreten eigentlich verboten! Neugierde lockte Kinder in den Berg. Die Arbeiter sprengten unter der Woche den Gips aus dem Berge, um ihn abtransportieren zu können. Immer wieder stießen sie dabei auf Hohlräume. Diese nutzten sie überwiegend als Müllkippe für Unrat, Holz- und Steinreste, die sie dann nicht aufwändig aus dem Steinbruch befördern mussten. Einer dieser Hohlräume entstand vermutlich um 1912. Was sich dahinter verbarg, ahnte keiner der Arbeiter.
Spielende Entdecker in gefährlicher Mission
Sie deckten den Hohlraum provisorisch mit Brettern ab. Doch die Kinder vom Kalkberg wagten einen Blick unter die Bretter - und entdeckten, wovon viele Kinder träumen: ihr eigenes Abenteuerreich in einer riesigen Höhle. Die war so tief, dass sie sich nur mit Hilfe einer Wäscheleine hinablassen konnten. "Immer mit Streichölzern und Lichtern", heißt es in den überlieferten Erzählungen in der Kalkbergstadt. Über Monate sollen sich die Kinder dort getroffen, gespielt und die Höhle erforscht haben. Bis sich eines von ihnen im März 1913 beim Abseilen ein Bein gebrochen haben soll - und die anderen Kinder beim Hilfeholen wohl oder übel ihr Geheimnis erzählen mussten. Die Tageszeitungen berichteten damals von der Entdeckung durch "spielende Kinder".
Den offiziellen Ruhm erntete ein anderer

Offiziell heißt es, dass sie einem Nachwuchs-Lehrer, der sie unterrichete, von ihrer Entdeckung erzählt haben. Sein Name: Jürgen Thode. Der war daraufhin selbst in die Höhle hinabgestiegen und zeigte es danach Kollegen vom Bad Segeberger Lehrer-Seminar, der heutigen Dahlmannschule. Sie entdeckten ein mehrere hundert Meter langes Höhlensystem. Mit dieser Sensation gingen sie gezielt an die Öffentlichkeit. Noch im gleichen Jahr besuchten einige tausend Besucher die Höhlen unterm Kalkberg. Jürgen Thode wurde zum "offiziellen" Entdecker. Er ließ sich feiern und wurde in vielen Zeitungen abgebildet. August, Fritz und Wilhelm und wohl noch einige weitere Bad Segeberger Kinder, wurden nicht erwähnt. Aber viele, die sie aus der Schule oder der Lübecker Straße kannten, erzählten die Geschichte nach Jahre später.
