Monatelange Wartezeiten: Ansturm auf Einbürgerung sorgt für Frust
Immer mehr Menschen beantragen die deutsche Staatsangehörigkeit. In Hannover müssen sie teils monatelang auf einen Termin warten. Die Stadt versucht gegenzusteuern, doch es fehlt an Fachkräften.
In Hannovers Ausländerbehörde hat sich die Zahl der bearbeiteten Einbürgerungsanträge mehr als verdoppelt: 2022 wurden rund 1.000 Anträge abgeschlossen, im vergangenen Jahr waren es 2.100. Für 2024 plant die Stadt, 2.700 Anträge zu bearbeiten. Doch das scheint weiterhin nicht ausreichend, denn allein die Wartezeit für einen Termin beträgt derzeit mehrere Monate.
Fachkräftemangel in der Ausländerbehörde
Seit Juni 2024 gilt bundesweit das neue Staatsangehörigkeitsrecht der Ampelkoalition. Es erleichtert die Einbürgerung, etwa durch eine verkürzte Frist: Statt nach acht Jahren ist sie nun schon nach fünf möglich. Außerdem kann nun eine doppelte Staatsbürgerschaft beantragt werden. Die Stadt Hannover hat bereits Ende 2023 auf die bevorstehende Gesetzesänderung reagiert und 33 neue Stellen in die Wege geleitet. "Wir haben die Anforderungen geöffnet und einen Quereinstieg ermöglicht", erklärt Zuhal Karakas, Fachbereichsleiterin für Öffentliche Ordnung in Hannover. "Aber wir wussten: Alle Behörden suchen dieselben Fachkräfte, und die gibt es kaum."
"Es geht darum, Teil einer demokratischen Gesellschaft zu werden"
Aktuell sind noch 14 Stellen in der Ausländerbehörde Hannover unbesetzt. Zusätzlich befindet sich ein Teil der neuen Mitarbeitenden noch in Schulungen. Zuhal Karakas kennt die Herausforderungen beider Seiten. Auch sie wurde vor 30 Jahren eingebürgert. Sie zeigt Verständnis für die Frustration von Antragstellenden: "Ich weiß aus eigener Erfahrung, welch langer Weg das ist und wie viele Hürden da zu nehmen sind." Weiterhin betont sie, dass das Verfahren kein bürokratischer Selbstzweck sei. Es gehe darum, Teil einer demokratischen Gesellschaft zu werden.
Deutsch, serbisch, slowenisch: Warum sich Mirjana Ilic jetzt einbürgern lässt
Die Hannoveranerin Mirjana Ilic hat alle Unterlagen für die Einbürgerung zusammen: Beglaubigte Geburtsurkunde, Arbeitsnachweise und einen handgeschriebenen Lebenslauf. Die 43-Jährige ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, besitzt sowohl den slowenischen als auch den serbischen Pass und fühlt sich mit allen drei Kulturen verbunden. Nun möchte sie auch offiziell Deutsche werden. Für Ilic ist die kürzlich erfolgte Gesetzesänderung wichtig, denn zuvor hätte sie die serbische Staatsangehörigkeit abgeben müssen, was für sie keine Option war.
Neun Monate Wartezeit auf einen Termin
Den Antrag auf Einbürgerung stellte sie bereits im November 2024 in Hannover. Die angekündigte Wartezeit betrug drei Monate, nun hat sie einen Termin aber erst für August 2025 bekommen. Tatsächlich muss sie also neun Monate auf den Termin in der Behörde warten - und das hat Folgen: Einige ihrer vorbereiteten Unterlagen sind mittlerweile abgelaufen und müssen erneut beantragt werden. Darunter ihre beglaubigte Geburtsurkunde, die bei der Einreichung nicht älter als sechs Monate sein darf. Mirjana Ilic ist frustriert: "Für mich ist es wichtig, wählen zu können. Es ist dringender denn je, sich für die Demokratie zu engagieren."
Hannover ist kein Einzelfall
Nicht nur in Hannover steigt die Zahl der Einbürgerungsanträge, landesweit ist die Entwicklung ähnlich, bestätigt der Niedersächsische Landkreistag. Der Geschäftsführer Hubert Meyer verweist auf komplexe gesetzliche Regelungen und häufige Gesetzesänderungen, die die Routine in den Verfahren erschweren. "Die Ausländer- und Einbürgerungsbehörden in Niedersachsen stoßen an ihre Belastungsgrenze", so Meyer. Dafür sei jedoch nicht nur die letzte Gesetzesänderung verantwortlich, sondern auch ein gewachsenes strukturelles Problem.
Digitalisierung der Akten und Anträge
Zumindest ein kleiner Fortschritt zeichnet sich ab: Die Stadt Hannover hat kürzlich die elektronische Akte eingeführt und arbeitet an der Möglichkeit, Einbürgerungsanträge künftig online einzureichen. Das könnte das Verfahren zumindest in der Anfangsphase beschleunigen. Nach der Wartezeit auf den Termin folgt häufig eine längere Bearbeitungszeit. Zwischen drei Monaten und drei Jahren kann die Bearbeitung eines Einbürgerungsantrags dauern.
