Stand: 07.05.2018 12:55 Uhr

Auf dem Weg zur bunten Schule

von NDR Newcomernews (Ein Medienbildungsprojekt des NDR Landesfunkhauses MV mit Schülerinnen und Schülern.)

Hakenkreuze. Gekritzelt, geritzt, gemalt. An Wänden, auf Schulbänken. In der Regionalen Schule am Wasserturm in Grevesmühlen haben viele Schüler und Lehrer die Nase voll von rechten Schmierereien.

VIDEO: Habt Ihr Erfahrungen mit Rassismus gemacht? (6 Min)

Schule im rechten Brennpunkt

Iris Hoffmann-Wiegand ist Kindheitspädagogin, an der Regionalen Schule kümmert sie sich um Aktivitäten für Schüler - zum Beispiel den Wahlpflichtunterricht Social Media, die Schülerzeitung und Förderunterricht. "Wir befinden uns hier schon in einem Brennpunkt. Es passiert zu viel an dieser Schule, was in Richtung rechts geht. Wir bewegen gerade ein bisschen etwas, um gegenzusteuern. Je offensiver wir vorgehen, desto besser ist das für den Ruf der Schule, denke ich."

Mehrere Polizeieinsätze an einem Tag

Im Alltag gibt es an der Regionalen Schule in Grevesmühlen immer wieder Situationen, in denen Schüler Grenzen überschreiten. Vergangenen Sommer zum Beispiel, als die zehnten Klassen ihren Abschluss feierten. Es war ein ganz normaler Tag, aber einige Schüler fingen dann irgendwann an, sich Hitlerbärte anzumalen. Sie sind damit durchs ganze Schulhaus gezogen und haben andere provoziert. Auf dem Schulhof hörte man danach, dass die Schulleiterin mit Schulverweisen gedroht hat.

VIDEO: "Da ist uns die Sache eskaliert..." (3 Min)

Einer der Schüler hatte an diesem Tag einen Baseballschläger mit zur Schule gebracht. Ein paar Schritte vom Schulgelände entfernt verprügelte dieser Schüler einen anderen. Ein Krankenwagen musste kommen. Außerdem wurden Rauchbomben gezündet. Die Polizei war an dem Tag mehrmals in der Schule. Unter anderem wegen übermäßigen Alkoholkonsums.

DAZ - Warum gibt es die nicht mehr?

In Grevesmühlen gab es bis vor kurzem eine Klasse für "Deutsch als Zweitsprache" mit Kindern aus Syrien, aus Polen, aus Italien. Alle Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, die Landessprache zu lernen. In Grevesmühlen gab es speziell ausgebildetes Lehrpersonal. Doch damit ist es vorbei, eine Entscheidung des Bildungsministeriums. Es kommen viel weniger Flüchtlinge als früher, das sorgt dafür, dass es auch nicht mehr genug Schüler gibt, um eine Klasse zusammen zu bekommen. Die Schüler aus der ehemaligen DAZ-Klasse gehen inzwischen auf die örtlich zuständigen Schulen.

Regionale Schule Grevesmühlen © NDR Foto: NDR Newcomernews
AUDIO: Wie bekommen wir unsere Schule bunter? (6 Min)

"Extrem viele Übergriffe"

"In den vergangenen Jahren gab es hier an der Schule extrem viele Übergriffe auf Flüchtlingskinder. Ich bin froh, dass sie nicht mehr hier sind. Nicht, weil ich sie nicht mag, sondern weil es ihnen an anderen Schulen besser geht", sagt Pädagogin Iris Hoffmann-Wiegand. Sie hat viele Jahre in Berlin gelebt. Die Weltoffenheit und Toleranz der Metropole, sagt sie, vermisst sie heute manchmal noch. Nach wie vor ist sie schockiert darüber, was an der Schule passiert, wie junge Menschen mit anderen umgehen.

"Wir verurteilen Rassismus"

"Wir verurteilen Rechtsextremismus, Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus auf das Schärfste und setzen uns für Demokratie, Weltoffenheit und freiheitliches Denken ein." So steht es auf einem Blatt Papier, das über ein Hakenkreuz geklebt wurde, das jemand in eine Wand im Treppenhaus geritzt hat. Manche Schüler würden einfach Grenzen austesten und nicht genau wissen, was sie da tun, andere wiederum ganz genau, sagt Pädagogin Iris Hoffmann-Wiegand. "Wir müssen viel mehr Aufklärungsarbeit machen. Was im Geschichtsunterricht passiert ist wichtig, aber das reicht nicht. Wir müssen auch viel früher anfangen."

Weitere Informationen
Regionale Schule Grevesmühlen © NDR Foto: NDR Newcomernews

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Schulfest im Sommer wird Festival der Kulturen

Jedes zweite Jahr im Sommer gibt es an der Regionalen Schule am Wasserturm in Grevesmühlen ein Schulfest - immer zum Ende des Schuljahres. Eine Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern plant den Tag. Sie sagen, sie wollen nicht immer nur auf die Probleme gucken, sondern einfach Toleranz und Offenheit leben. Verschiedene Kulturen werden vorgestellt, es soll ein Graffitti-Projekt geben, eine Bühne und Bands, eine Wasserrutsche, Hüpfburg und ein Nachbarschafts- und Elterncafé. Allein 500 Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer wollen zusammen die Vielfalt feiern. Und haben dazu die Nachbarschaft, Eltern, Kollegen und prominente Gäste aus Politik und Gesellschaft eingeladen.

Dieser Artikel ist durch Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Workshops des Medienbildungsprojekts NDR Newcomernews des NDR Landesfunkhauses entstanden.

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