Stand: 07.06.2018 08:39 Uhr

Abgehängt?! Bus und Bahn auf dem platten Land

von NDR Newcomernews (Ein Medienbildungsprojekt des NDR Landesfunkhauses MV mit Schülerinnen und Schülern.)
Eldenburg-Gymnasium Lübz © NDR Foto: NDR Newcomernews
In Lübz und Umgebung lässt das Nahverkehrssystem noch einige Wünsche offen.

Nach einem langen Schultag schnell in den schon wartenden Bus und ab nach Hause? Abends spontan mal den neuesten Hollywood-Blockbuster im Kino anschauen? Ganz so einfach ist das nicht - insbesondere in ländlichen Regionen wie etwa der um Lübz und Plau. Dort lässt das Nahverkehrssystem viele Wünsche offen. So müssen manche Schüler des Eldenburg-Gymnasiums in Lübz, die aus Plau kommen, nach Unterrichtsschluss noch eine Stunde warten, bis endlich der Bus kommt. Und abends 'mal spontan ins nächstgelegene Kino nach Parchim zu fahren, ist für Jugendliche auch nicht so einfach: Hin kommt man zwar mit dem Bus - aber nicht zurück. Wenn der Film zu Ende ist, steht der Bus schon im Depot. Also muss ein Elternteil mit dem Auto vorbeikommen.

VIDEO: "Der Rufbus ist eine erste Lösung" (7 Min)

Ein Bahnhof, an dem keine Züge halten

Der Bahnhof in Plau steht symbolisch für das verkehrspolitische Dilemma in der Region. Der Bahnhof war vor nicht allzu langer Zeit erneuert worden. Jetzt hält dort kein Zug mehr. Auch eine andere Verbindung in der Region - die sogenannte Südbahn - wurde weitgehend eingestellt. Früher fuhr die Südbahn bis nach Neubrandenburg. Seit einigen Jahren fahren zwischen Parchim und Malchow keine Züge mehr. Das Land bestellte die Strecke ab - wegen zu wenig Passagieren. Das Aus der Südbahn sorgte für Protest in der Region. Viele fordern ein Comeback der Strecke.

Eldenburg-Gymnasium Lübz © NDR Foto: NDR Newcomernews
AUDIO: "Die öffentlichen Verkehrsmittel sind ein Witz" (9 Min)

Viele wollen die Südbahn zurück

Auch der Grabower Bürgermeister und SPD-Landratskandidat Stefan Sternberg (mittlerweile ist er zum Landrat gewählt worden. Anm.d. Red.) würde es persönlich begrüßen, wenn die Südbahn wieder rollen würde. "Auch im Kreistag gibt es für eine Zugverbindung zwischen Parchim und Plau eine fraktionsübergreifende Befürwortung", so Sternberg. Doch letztlich entscheide das Land über die Abbestellung von Zugverbindungen. Sternberg kündigte an, in Schwerin weitere Gespräche mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) führen zu wollen. Alternativ könnte der Kreis versuchen, mit eigenen finanziellen Mitteln den Wiederbetrieb der Südbahn zu forcieren. Doch die finanziellen Möglichkeiten hierzu sind laut Sternberg begrenzt.

Wie funktioniert das Rufbus-System?

Es reicht ein Anruf bei der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim (VLP). Bis zwei Stunden vor Fahrtbeginn nennt man dort die gewünschte Route und die gewünschte Uhrzeit. Dann wird man an der Wunsch-Haltestelle abgeholt. Die Busse fahren nämlich nicht auf statischen Linien sondern flexiblen. So kommen sie näher an die die Wohnorte der Fahrgäste heran. Wer den Rufbus nutzen will, muss nur einen Euro zusätzlich zum regulären Buspreis entrichten.
Das Ziel des Projektes ist es, die Mobilität in der Umgebung zu verbessern. Dies ist gerade für Dörfer interessant, die oft schlecht ans öffentliche Nahverkehrsnetz angebunden sind. Aber auch Jugendliche profitieren vom Rufbus. Früher waren Kinobesuche oder Ausflüge schwierig, da oft keine Bus- oder Bahnverbindungen bestanden. Mit dem Rufbus kommt man aber relativ unkompliziert hin und zurück.

Kreis setzt auf's Rufbus-System

Vorerst habe der Kreis eine zusätzliche Buslinie eingerichtet, die die durch das Südbahn-Aus entstandene Lücke ausfüllen soll. Sternberg lobte zudem das Rufbus-System, das nach einer Testphase auf den gesamten Landkreis ausgedehnt wird. "Ich glaube, damit sind wir auf dem richtigen Weg." Die Vorteile: höhere Abdeckung und ein flexibler Transport. "Bisher haben mehr als 30.000 Fahrgäste die Rufbusse genutzt", so Sternberg.

VIDEO: Wenn der Schulweg zur Reise wird... (2 Min)

Übergreifendes Verkehrskonzept fehlt im Land

Eldenburg-Gymnasium Lübz © NDR Foto: NDR Newcomernews
"Das System muss sich ändern", findet der Plauer Bürgermeister Norbert Reiher.

"In Mecklenburg-Vorpommern fehlt ein einheitliches, übergreifendes Verkehrskonzept", meint Andreas Sturm, Vize-Fraktionssprecher der Linken. Als Aufsichtsratsmitglied im Verkehrsverbund Ludwigslust-Parchim ist Sturm mit der verkehrspolitischen Situation im Kreis vertraut. Sturm verdeutlicht das Problem an einem Beispiel: Wer aus Lübz zum Shoppen nach Schwerin fahren möchte, der müsse erst mit dem Bus nach Parchim, dann mit der Bahn in die Landeshauptstadt. Dort müsse unter Umständen auch noch die Straßenbahn benutzt werden. "Ich müsste also zweimal umsteigen und drei verschiedene Tickets kaufen. Das können sich viele nicht leisten", so Sturm. Ihn wundere allerdings, dass viele Jugendliche das Freizeit-Ticket noch nicht nutzen, das eine echte Alternative sei.

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Land und Bund in der Pflicht

"Das System muss sich ändern", findet auch Norbert Reiher, Bürgermeister der Tourismushochburg Plau am See. Der Kommunalpolitiker sieht das Land und den Bund in der Pflicht. Stilllegungen und Abbestellungen von defizitären Strecken seien das schlechteste Mittel. Dadurch gebe es in der Region derzeit relativ schlechte Anbindungen. "Vor allem für ältere Menschen ist es dadurch schwer, von A nach B zu kommen", sagt Reiher. Ein guter Ansatz sei der Rufbus. Aber weil die Gegend so dünn besiedelt ist, sei es nun einmal schwer, zu Friseuren oder Ärzten zu kommen. Bisher ist es so, dass das Auto deutlich schneller und meistens auch günstiger sei. Aber die Autos schafften auch ein großes Problem - Staus.

Dieser Artikel ist durch Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Workshops des Medienbildungsprojekts NDR Newcomernews des NDR Landesfunkhauses entstanden.

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