Sendedatum: 07.07.2008 20:00 Uhr

Sylvain Cambreling - Dramaturgie des großen Ganzen

Aufzeichnung vom 30. Mai 2008 in der Hamburger Laeiszhalle

Der französische Dirigent Sylvain Cambreling ist bekannt als Meister des punktgenau kalkulierten Effekts, mit sphärisch entrückten Streichern in sublimster Färbung, feinsten Übergängen oder furiosen Aufschwüngen. Dass er hierbei nie mehr aus der Musik macht, als in der Partitur steht - kein vordergründiges dreifaches Fortissimo am Ende einer Sinfonie, wo nur forte steht - ist ihm besonders wichtig: "Forte ist Forte, es muss nicht unbedingt aggressiv sein. Ich kenne diesen Zirkus, ich könnte ihn auch machen, aber das interessiert mich wenig."

Cambreling setzt bei seiner Arbeit ebenso auf Authentizität wie auf eine wohldisponierte Dramaturgie des großen Ganzen. "Jedes Stück - egal ob es fünf Minuten dauert, eine halbe Stunde oder drei Stunden - hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Wenn man nur kleine Passagen dirigiert, ohne eine Idee davon zu haben, wie es bis zum Ende weitergeht, ist es so, als würde man eine Geschichte erzählen, bei der man jedes Wort nach dem anderen sagt, ohne Phrasen zu bilden."

Volles Programm

Am 30. Mai ist das NDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Camberling in der Hamburger Laeiszhalle aufgetreten. Das Konzert begann mit "Le Carnaval romain" Ouverture caractéristique op. 9 von Hector Berlioz. Als ein überzeugender Anwalt der musikalischen Moderne hat Cambreling für sein Gastdirigat beim NDR Sinfonieorchester danach Kaija Saariahos Violoncellokonzert "Notes on Light" aufs Programm gesetzt - ein Werk, das der Solist des Abends, Anssi Karttunen, als ein Drama mit wechselnden Szenen und Akten beschreibt, in denen sich das spannungsreiche Verhältnis zwischen Cellist und Orchester fortwährend verändert.

Im zweiten Teil des Konzerts erklangen Igor Strawinskys im Gedenken an Claude Debussy komponierte "Symphonies d´instruments à vent", ein "Tombeau" in Form "einer strengen Zeremonie, die sich in kurzen Litaneien zwischen verschiedenen Gruppen gleichartiger Instrumente entwickelt" (Strawinsky).

Den Abschluss des Konzerts bildeten Debussys berühmtes Orchesterstück "La Mer", eine Musik der zarten Nuancen und Pastelltöne, der glitzernden, changierenden Harmonien und vagen Andeutungen der Themen und Motive. Seit seiner Uraufführung ist dem Stück ein enthusiastischer Publikumserfolg beschieden.

Dieses Thema im Programm:

NDR Elbphilharmonie Orchester | 07.07.2008 | 20:00 Uhr

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