Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sitzt als Zeuge im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft während der Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Cum-Ex-Affäre. © picture alliance/dpa Foto: Marcus Brandt

"Völlig haltlos": Tschentscher weist Cum-Ex-Vorwürfe zurück

Stand: 07.05.2022 07:59 Uhr

Hat Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Jahr 2016 als Finanzsenator Einfluss darauf genommen, wie die Warburg Bank im Cum Ex-Verfahren steuerlich behandelt wird? "Auf gar keinen Fall", stellte er am Freitag in seiner stundenlangen Vernehmung als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss klar.

Völlig haltlos nannte Tschentscher den Vorwurf der politischen Einflussnahme. Rund eine halbe Stunde schilderte er im Zeugenstand zunächst die schwierige Haushaltslage und die Situation der Finanzämter, bevor er zum konkreten Fall der Warburg Bank kam.

Tschentscher war damals Finanzsenator

2016 wurde gegen das Unternehmen wegen möglicher illegaler Cum-Ex-Geschäfte ermittelt. Tschentscher war damals Finanzsenator, Olaf Scholz Erster Bürgermeister. Manager der Bank trafen sich mit Scholz, schilderten ihre Sicht der Dinge. Auch in einem Schreiben, das auf dem Schreibtisch von Tschentscher landete. Wenig später verzichtete Hamburg zunächst darauf, Steuern in Millionenhöhe von Warburg zurückzufordern.

Aber dass er oder Scholz diese Entscheidung beeinflusst hätten - so ein Vorwurf sei völlig haltlos, sagte Tschentscher. Er könne sich zwar nicht an jedes Gespräch mit Scholz erinnern - aber an so etwas würde er sich erinnern.

"Da wurde mir klar, man kann die Sache auch ganz anders sehen"

Vor Beginn der Befragung von Bürgermeister PeterTschentscher (SPD) vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre haben Aktivisten ein Plakat auf dem Rathausmarkt enthüllt. © NDR Foto: Dietrich Lehmann
Aktivisten und Aktivistinnen der Bürgerbewegung Finanzwende enthüllen ein Plakat vor dem Rathaus.

In der Hamburger Steuerbehörde war man der Meinung, dass eine Rückzahlungsforderung vorm Finanzgericht keinen Bestand haben würde. Erst als später die Weisung vom Bundesfinanzministerium aus Berlin kam, die Steuern zurückzufordern, "da wurde mir klar, upps, man kann die Sache ja auch ganz anders sehen", so Tschentscher. Wenig glaubhaft findet das die Opposition im Ausschuss. Tschentscher sei in die Gespräche mit der Steuerverwaltung frühzeitig eingebunden gewesen und hätte anders handeln müssen.

Protest auf dem Rathausmarkt

Vor der Aussage Tschentschers hatten Aktivisten und Aktivistinnen der Bürgerbewegung Finanzwende vor dem Rathaus den Rücktritt des Bürgermeisters gefordert. Tschentscher habe seine schützende Hand über reiche Banker gehalten, so Finanzwende-Chef Gerhard Schick, früher Abgeordneter der Grünen im Bundestag.

Erneut Strafanzeige gegen Tschentscher gestellt

Derweil wurde gegen Tschentscher im Zusammenhang mit der Cum-Ex-Affäre erneut Strafanzeige gestellt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln sagte der Nachrichtenagentur dpa, derzeit werde geprüft, ob ein hinreichender Anfangsverdacht vorliege, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Erstatter der Anzeige ist nach dpa-Informationen der Hamburger Strafrechtler Gerhard Strate. Er hatte bereits im Februar Strafanzeigen gegen Tschentscher und Scholz bei der Hamburger Staatsanwaltschaft gestellt - unter anderem wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hatte mangels Anfangsverdachts keine Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 07.05.2022 | 08:00 Uhr

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