Kommentar: Hamburger Senat sollte Ängste der Menschen ernst nehmen

Stand: 10.02.2024 08:40 Uhr

Im NDR HamburgTrend sagt die große Mehrheit der Befragten, dass sie sich in der Stadt sicher fühlt. Es besteht dennoch Handlungsbedarf für den Senat, meint Heiko Sander in seinem Kommentar.

von Heiko Sander

70 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger fühlen sich sicher oder eher sicher in unserer Stadt. Und sogar 80 Prozent der SPD- und 90 Prozent der Grünen-Wählerinnen und -Wähler machen sich da keine großen Sorgen. Aus Sicht des rot-grünen Senats also alles in Butter? Ich glaube nein, denn wenn sich 30 Prozent der Bevölkerung nicht mehr sicher fühlen, ist das doch ziemlich viel. Unter den Wählerinnen und Wählern der AfD sind es sogar 61 Prozent, die in unserer Umfrage angeben, sich in Bahnen, in Parks, auf Straßen und Plätzen unsicher oder eher unsicher zu fühlen.

Senat sollte sich nicht zu sicher fühlen

Da sollte sich der rot-grüne Senat - trotz der Zustimmung seiner eigenen Wählerinnen und Wähler - nicht zu sicher fühlen. Und ich denke, die Regierung sollte sich nun auf die Menschen konzentrieren, die sie nicht wählen. Es reicht nicht zu sagen: "Fürchtet Euch nicht, die Statistik sagt: Hamburg ist sicher." Das ist Hamburg - sehr sicher und die Wahrscheinlichkeit Opfer einer schlimmen Straftat zu werden, ist gering. 

Bei vielen nicht nur diffuse Ängste

Aber möglicherweise sind das nicht nur diffuse Ängste, sondern vielleicht gehen sie auch auf Erfahrungen im eigenen Lebensumfeld zurück. Mir als Reporter begegnen nicht selten Menschen, die zum Beispiel den Niedergang ihres Viertels beklagen. Alles verlottert. Auch Vandalismus kann das Sicherheitsgefühl beeinflussen und aggressives Betteln in der Bahn, weil der Eindruck entsteht: Gleich ist die Tasche weg. Wird dann noch dem Nachbarn oder der Nachbarin das Auto aufgebrochen, lässt man nichts mehr im Wagen zurück. Man muss gar nicht selbst Opfer einer Straftat werden, um sich unsicher zu fühlen. 

Vertrauen in den Rechtsstaat schwindet

Taschendiebstahl und Kfz-Aufbrüche haben deutlich zugenommen. Und ganz besonders der Ladendiebstahl - um 80 Prozent binnen zwei Jahren. Die Polizei sei kaum bereit Anzeigen aufzunehmen, sagten mir Ladenbesitzer und -besitzerinnen. Kein Wunder, nicht selten werden die Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Ich glaube, an so einem Punkt geht stückchenweise Vertrauen in den Rechtsstaat verloren. 

Senat sollte Ängste der Menschen ernst nehmen

Ich bin der Meinung, es würde sich lohnen zu analysieren, warum sich fast jede dritte Person in Hamburg nicht mehr sicher fühlt - und warum es unter den AfD-Wählern und -Wählerinnen sogar doppelt so viele sind. Liebe Senatsmitglieder, bitte nehmt die Ängste der Menschen ernst. Das könnte ein erster Schritt sein, sie zurückzugewinnen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Der Hamburg-Kommentar | 10.02.2024 | 08:40 Uhr

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