"Unfassbar": Sexualisierte Gewalt ist kein Randphänomen
Das Thema Sexualisierte Gewalt beschäftigt auch die Kirchen. Auf dem Evangelischen Kirchentag setzt sich die Künstlerin Julia Krahn damit auseinander.
"Unfassbar" nennt Julia Krahn ihr Fotoprojekt. Im Landesmuseum Hannover porträtiert sie elf Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben: "Man muss sich nicht so ein Fotoshooting vorstellen, wie in der Modewelt oder in der Werbung. So geht das nicht. Das ist sehr viel langsamer und ruhiger und stiller."
Frauenporträts: Ehrlich und verletzt und extrem klar
Die Porträts entstehen in einem geschützten Raum. Die Künstlerin und die Frauen ganz für sich. Begleitet von einer Psychologin. Julia Krahn beschreibt die Teilnehmerinnen wie folgt: "Da das, da das Projekt im Kirchentag wächst, könnte ich jetzt einfach sagen, sie sind 'stark, mutig, beherzt'. Ich würde aber noch dazufügen: ehrlich und verletzt und extrem klar."
In das Fotoshooting sollen besondere Elemente integriert werden. Mit alten Leinenstoffen können die Frauen das von ihrem Körper zu bedecken, das sie nicht zeigen wollen. Darüber hinaus werden noch Objekte mit in das Projekt integriert. "Objekte, die an die Tat oder eben vor allen Dingen an der Aufarbeitung der Tat eine wichtige Rolle gespielt haben", so Julia Krahn.
Nur Dekoration oder Handwerk ist keine Kunst
Julia Krahn, Jahrgang 1978, wächst in Aachen auf, studiert zunächst Medizin, zieht dann nach Mailand, um sich ganz der Kunst zu widmen. Das Landesmuseum Hannover zeigt aktuell eine Ausstellung der Künstlerin: "FrauenBilder. Julia Krahn im Dialog." Darin setzt sich Julia Krahn mit der christlichen Bildsprache auseinander. In diese Schau werden die Porträts von "Unfassbar" über eine Medienstation hineingeholt: "Ja, mit der Künstlerin macht das verdammt viel, aber deswegen mache ich solche Projekte ja auch gerne. Denn wenn Kunst nur Dekoration ist oder Handwerk, dann ist sie meiner Meinung nach keine Kunst."
Julia Krahn: Mit Kunst das Unfassbare greifbar machen
Sexualisierte Gewalt ist kein Randphänomen, sagt die Künstlerin. Sie geschieht in Familien, Vereinen, selbst in den Kirchen. Julia Krahn will mit ihrer Kunst das Unfassbare greifbar machen. Ein Schritt, sagt sie, um Licht ins Dunkel zu bringen, aus der Asche aufzuerstehen: "Das war heftig und das war auch unglaublich bereichernd, weil ich wirklich mitfühlen konnte. Das hat in mir genau das getan, was das Ziel des Projektes auch ist. Einen Wandel in den Beteiligten, aber auch im Betrachter anzustoßen."
"Unfassbar" entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kirchentag, dem Landesmuseum Hannover und der Landeskirche Hannovers. Im September soll eines der Porträts für mehrere Monate als Altarbild in der Dreifaltigkeitskirche in Hannover zu sehen sein.
