Sendedatum: 22.06.2011 23:20 Uhr

Wie Rechtsextreme Journalisten austricksen

Dumpf, glatzköpfig, gewalttätig – das ist das Klischeebild deutscher Rechtsradikaler in den Medien. Vor allem mit einfachen Provokationen kommen Neonazis in die Schlagzeilen. Das Prinzip nutzt auch die NPD für ihre Pressearbeit. Anfang des Jahres hat sie etwa ihre Mitglieder offen aufgefordert, sich als Zähler für den Zensus zu melden. Es wurde ein Aufreger. Zeitungen orakelten etwa über "Neonazis als Kuckuck im Zensusnest" (Neues Deutschland, 15.01.11) und NPD-Politiker traten im Fernsehen auf. Dabei übersahen viele Journalisten, dass die Ankündigung ohne wirklichen Gehalt war. Die Volkszählung konnte nicht von der NPD unterwandert werden, da die meisten Interviewer Landesbedienstete sind. Für die NPD war der Aufruf vor allem eins: eine gute PR-Kampagne.

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Neonazis in Delmenhorst und Limbach-Oberfrohna

Ähnlich reflexartig berichteten Journalisten vor fünf Jahren über die niedersächsische Stadt Delmenhorst. Dort wehrten sich die Bürger gegen die Pläne der NPD, ein leer stehendes Hotel zu kaufen. Delmenhorst schaffte es auf die Titelblätter und in die überregionalen Nachrichtensendungen.

Fast täglich wurde berichtet, bis die Stadt das Gebäude für einen überhöhten Preis erwarb. Seitdem sind Neonazis kaum mehr ein Thema. Doch die haben sich inzwischen in der niedersächsischen Stadt eingenistet. Laut Verfassungsschutz ist die Neonazi-Szene in Delmenhorst heute eine der aktivsten des Landes.

Nicht nur in Delmenhorst sind rechtsradikale Vorkommnisse alltäglich und damit anscheinend wenig berichtenswert geworden. Das gilt zum Beispiel auch für Limbach-Oberfrohna bei Chemnitz. Dort gab es jahrelang Überfälle von Neonazis auf Wohnhäuser und Angriffe auf alternative Jugendliche. Doch erst nach einem Brandanschlag im vergangenen Herbst auf einen alternativen Jugendclub interessierten sich die Medien für die rechte Szene in der Stadt - vorerst.

Denn rechter Alltag in Deutschland kommt in den Medien kaum vor. Und die reflexhaften Berichte über die Provokationen der NPD nützen nur den Rechten selbst.

 

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ZAPP | 22.06.2011 | 23:20 Uhr

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