Stand: 22.11.2016 09:47 Uhr

"Das Land ist vielfältiger als die Klischees"

Auslandskorrespondent Ingo Zamperoni moderiert im Studio. Hinter ihm das Capitol © WDR
Als ARD Auslandskorrespondent in Washington berichtet Ingo Zamperoni aus allen Bundesstaaten der USA.

Ingo Zamperoni war von 2014 bis 2016 ARD Auslandskorrespondent in Washington und lebte dort seinen Traum. Seit der gebürtige Wiesbadener in den USA studierte, lässt ihn das Land nicht mehr los - weder beruflich, noch privat. Bereits als Student in Boston lernte er seine heutige Frau kennen - eine Amerikanerin. Nach vielen Stationen als Reporter und Moderator, zuletzt für die Tagesthemen, war Zamperoni ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zurückgekehrt und hat das getan, was er am liebsten macht: Als Reporter über Land und Leute zu berichten. Im Interview erzählt er von dieser spannenden Zeit.
Auf Twitter können Sie Ingo Zamperoni folgen unter: @Ingo_Zamperoni

Was hat Sie in Ihrer Korrespondenten-Wahlheimat am meisten beeindruckt?

Ingo Zamperoni: Die Freundlichkeit der Menschen hier. Als wir beispielsweise in unser Haus in Washington einzogen, kamen noch während die Möbelpacker Kisten schleppten mehrere Nachbarn mit Chocolate Chip Cookies, Blaubeer-Muffins und Wein vorbei, um uns in der Nachbarschaft willkommen zu heißen.

Was hat Sie am meisten schockiert?

Zamperoni: Dass es so viele Menschen gibt, die unglaublich hart arbeiten, die in zwei oder gar drei Jobs gleichzeitig schuften, die es aber dennoch kaum schaffen, über die Runden zu kommen. Die Wirtschaft boomt, die Reichen haben die Verluste der Wirtschafts-Krise längst wieder reingeholt. Doch die Mittelschicht bekommt davon kaum etwas ab, weil die Löhne so dramatisch stagnieren. Ein krasser Gegensatz. Und, dass es offenbar nach wie vor einen Unterschied macht, welche Hautfarbe man in diesem Land hat. Schwarze Jugendliche tragen ein 21 mal höheres Risiko, von einem Polizisten erschossen zu werden, als weiße.

Welche Geschichte wollten Sie unbedingt in Ihrer Zeit als Korrespondent erzählen?

Zamperoni: Die von einem Land, das mehr ist, vielfältiger, komplizierter als die Klischees, die wir in Deutschland von den USA oft haben.

Was war die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Deutschland?

Zamperoni: Manchmal meinen Redaktionen in Deutschland zu sehr zu wissen, "wie der Hase läuft" in den USA. Einerseits verständlich, das Land ist uns bekannter, näher als zum Beispiel Mauretanien oder Indonesien. Andererseits braucht es dadurch manchmal etwas mehr Argumentationsmühe, die Sicht des Korrespondenten vor Ort gelten zu lassen.

Was haben Sie bei jeder Drehreise dabei?

Zamperoni: Auf jeden Fall einen Hotspot, damit man jederzeit mit dem Laptop ins Internet kann. Zwar gibt es in den USA deutlich mehr offenes Wi-Fi als in Deutschland, aber sicher ist sicher. Und meinen Ohrstöpsel für Live-Schalten habe ich auch immer dabei - es kann ja jederzeit passieren, dass die Redaktion anruft und mich von der Drehreise direkt zu einer Breaking-News-Geschichte schickt.

Was war bisher die größte Panne, die Ihnen widerfahren ist?

Zamperoni: Zum Glück ist bisher nichts "Schlimmes" passiert, toi, toi, toi. Aber neulich habe ich vom Blizzard Juno aus Boston berichtet, da peitschte mir während einer Live-Schalte der Schnee direkt von vorne ins Gesicht. Dort gelandet schmolz er aber auch sehr schnell wieder, so dass mir die ganze Zeit das Wasser die Wangen runter und in den Mund lief. Ich konnte kaum reden, ohne ständig zu "blubbern".

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Mussten Sie aus Höflichkeit bei einer Drehreise schon mal Merkwürdiges essen oder trinken?

Zamperoni: Aus Höflichkeit nicht. Aber auf Drehreisen in ländliche Gegenden der USA ist es manchmal nicht so leicht, etwas Vernünftiges zu essen zu bekommen. Oft machen Restaurants schon sehr früh zu. Und dann bleibt einem nichts anderes übrig, als die üblichen Fast-Food-Ketten entlang der Einfallstraßen aufzusuchen.

Was ist Ihr Lieblingsplatz in Washington?

Zamperoni: Das Lincoln-Memorial. Vor allem abends, wenn es beleuchtet ist. Zum einen hat es was sehr Ehrwürdiges, Erhabenes, wie Abraham Lincolns riesige Statue da mit festem Blick Richtung Mall blickt. Zum anderen ist genau dieser Ausblick grandios: mit dem Washington Memorial und dem Capitol im Hintergrund.

Wie sieht für Sie ein perfekter Sonntag aus?

Zamperoni: Mit das Beste an Washington ist das schöne Wetter. Selbst an knackig-kalten Tagen strahlt oft die Sonne hell vom Himmel. Das bietet jede Menge sonntäglicher Gelegenheiten, tolle Familien-Ausflüge an die Chesapeake Bay, ins Shenandoah Valley oder einfach nur in den Rock Creek Park um die Ecke zu machen.

Was haben Sie am meisten aus Ihrer Heimat vermisst?

Zamperoni: Die Nähe zu Familie und Freunden.

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