Stand: 08.06.2015 15:35 Uhr

Mersin: Umschlagplatz für Waren und Menschen

von Andrej Reisin

Die türkische Hafenstadt Mersin ist den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Drehkreuze für syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa entwickelt. Die südanatolische Metropole hat mehr als 800.000 Einwohner, darunter auch viele Exil-Syrer und Schleuser, denen der Ort als Operationsbasis dient.

Fischerhafen © picture alliance / Rainer Hacken Foto: Rainer Hackenberg
Die Hafenstadt Mersin gilt als Umschlagplatz für Waren und Menschen.

Einer der Gründe: Nach wie vor gibt es zwischen Mersin und dem syrischen Hafen Latakia eine Fährverbindung, die in gut dreieinhalb Stunden syrische Flüchtlinge in die Türkei bringt. In Mersin wiederum werden sie von Schleusern entweder auf Schiffen oder auf dem Landweg weiter transportiert. Auch der Flüchtlingsfrachter "Blue Sky M", der zu Jahresbeginn als vermeintliches "Geisterschiff" Schlagzeilen machte, war in Mersin gestartet.

Handels- und Reiseknotenpunkt zwischen Syrien und Europa

In der Stadt selbst werden mittlerweile ganze Viertel von Flüchtlingen und Schleuser dominiert. Obwohl dies natürlich auch Probleme mit sich bringt, profitiert Mersin wirtschaftlich davon, ein Handels- und Reiseknotenpunkt zwischen Syrien und Europa zu sein. Denn auch in die andere Richtung wird durchaus gereist: Zahlreiche Kämpfer des "Islamischen Staates" (IS) sollen über Mersin nach Syrien gelangt sein.

Zahlreiche Exil-Syrer betreiben Geschäfte, Restaurants oder Transportunternehmen und bemühen sich zum Teil um die türkische Staatsbürgerschaft. Mehr als 300 neue Firmen mit syrischen Inhabern sollen 2014 in Mersin offiziell registriert worden seien.

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Stacheldrahtzaun an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. © dpa Foto: Ole Spata

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Geschäfte rund um den syrischen Bürgerkrieg

Viele machen sich die Lage zunutze und verkaufen meistbietend Waren nach Syrien - und zwar sowohl an das Assad-Regime als auch an die Milizen, die es stürzen wollen. Türkische Mediziner und Pfleger berichten zudem, dass IS-Kämpfer sich teilweise in den Krankenhäusern der Stadt behandeln lassen. Einheimische Profiteure und korrupte Beamte sorgen dafür, dass die Behörden kaum gegen die zahlreichen Geschäfte rund um den syrischen Bürgerkrieg vorgehen.

Wer sich eine Existenz in Städten wie Mersin aufbauen kann, flieht in der Regel nicht weiter nach Europa. Viele Exilanten werden deshalb wohl in der Türkei bleiben. Und einige werden bis auf Weiteres als Schleuser agieren.

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Panorama 3 | 09.06.2015 | 21:15 Uhr

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