Stand: 26.02.2019 11:32 Uhr

Hochseefischer: Brexit wäre eine Katastrophe

von Jonas Schreijäg

Kapitän Gabor Dröse steht an Bord seines Schiffes unter einem meterhohen Kran. Hier, in einem holländischen Hafen, wird gerade die Makrele entladen, die auch auf deutschen Tellern landet. Vier Wochen war der Rostocker mit seiner Crew im Atlantik unterwegs. Dröse ist Kapitän der "Maartje Theadora", einem der größten Trawler der deutschen Hochseefischerei. Jetzt liegt das Schiff im Hafen von IJmuiden und die Crew entlädt den Fang. Knapp 6.000 Tonnen Makrele haben sie mitgebracht - das Schiff war bis oben hin voll mit Fisch.

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"Ich weiß nicht, wie man das kompensieren soll"

"Das kommt alles aus britischen Gewässern", erzählt Kapitän Dröse an Bord. Seit 15 Jahren ist er Fischer, seit 15 Jahren fährt er jene an. "Allein im letzten Jahr gingen neun von zehn Fangreisen in britische Gewässer." Dort habe er den Großteil seines Fanges gefischt. "Wenn es wirklichen zu einem harten Brexit kommt, ist das ein Drama. Ich weiß nicht, wie man das kompensieren soll."

Gabor Dröse © NDR Foto: Screenshot
Gabor Dröse hofft darauf, dass es keinen "harten" Brexit gibt.

Am 29. März will das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union austreten. Kommt es zum Brexit wäre völlig unklar, ob europäische Schiffe noch wie bisher in den britischen Gewässern fischen können. Der Deutsche Hochseefischerei Verband befürchtet, dass der Zugang für deutsche Trawler, wie die "Maartje Theadora", von heute auf morgen nicht mehr möglich sein könnte. "Das wäre eine Katastrophe, vor allem für die Heringsfischerei", sagt Uwe Richter, Vorsitzender des Verbandes. Die EU-Kommission habe zwar einen Vorschlag gemacht, um den gegenseitigen Zugang zu den Gewässern zu gewährleisten. Wie sich die Briten dazu verhalten, sei aber völlig offen.

Hochseefischer fürchten Umsatzeinbußen und Arbeitsplätze

Uwe Richter, Vorsitzender des Deutschen Hochseefischereiverbandes © NDR Foto: Michael Höft
Uwe Richter, Vorsitzender des Deutschen Hochseefischereiverbandes, befürchtet Umsatzeinbußen.

Nach Angaben des Verbandes erzielten deutsche Schwarmfisch-Trawler in der Vergangenheit bis zu 80 Prozent ihrer Fänge in britischen Gewässern. Die Hochseefischer befürchten durch den Brexit drastische Umsatzeinbußen. Dadurch wären laut Verband auch etliche Jobs in der Flotte und den fischverarbeitenden Betrieben in Deutschland in Gefahr. Allein in Mecklenburg-Vorpommern seien etwa 150 Betriebe von der Heringsfischerei abhängig. Die Betriebe verarbeiten zwar Hering aus der Nord- und der Ostsee, dieser komme aber zu fast 100 Prozent aus britischen Gewässern. "Nur mit der Ostseefischerei kann man die Werke nicht rentabel betreiben", sagt Uwe Richter, der auch mehrere Fischereibetriebe leitet.

 "Wenn man da nicht mehr fischen kann, ist die halbe Nordsee weg", so Gabor Dröse. Der Kapitän steht "auf der Brücke" - im Steuerhaus der "Maartje Theadora" - und zeigt auf eine Karte der Nordsee. "Das wäre ein Fiasko. Der Hering lässt sich wirklich nur in britischen Gewässern fangen." Auch Dröse will im Sommer, in der Heringssaison, eigentlich wieder mit seiner Crew auf Fangreise gehen. Allein an Bord des Rostocker Trawlers arbeiten während einer Fangreise über 50 Menschen. Ob sie ab April noch auslaufen können, ist ohne ein Abkommen zwischen Großbritannien und der EU völlig unklar.

Kapitän hofft auf politische Lösung

"Da hängt so viel dran. Familien, Existenzen, die darauf angewiesen sind", verweist Dröse auf das Ausmaß. Der Rostocker hofft auf die Politik - dass doch noch rechtzeitig ein Abkommen über die Fischerei erzielt wird. Dass es tatsächlich in wenigen Wochen zum Brexit kommen kann, will er nicht wahrhaben. "Es liegt fern meiner Vorstellungskraft, dass ich da wo ich jahrzehntelang gefischt habe, nicht mehr hin darf", so Dröse. "Darum hoffe ich, dass es keinen harten Brexit gibt - alles andere wäre eine Katstrophe." 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 26.02.2019 | 21:15 Uhr

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Fischerei

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