Stand: 23.04.2018 14:44 Uhr

Aufbruch, Umbruch, Abbruch?!

von NDR Newcomernews (Ein Medienbildungsprojekt des NDR Landesfunkhauses MV mit Schülerinnen und Schülern.)

Frühling in Rostock, sieben Uhr morgens. Moritz sitzt im Bus zur Schule, er geht in eine sechste Klasse der Heinrich-Schütz-Schule im Stadtteil Reutershagen. Moritz und seine Mitschüler sind routiniert und entspannt, der Bus biegt um eine Kurve, gut gelaunt, leicht übermütig schwatzen die Jugendlichen durcheinander. Sie haben Zeit, noch eine Dreiviertelstunde dauert es, dann fängt der Unterricht an. Und heute gibt es keine Klassenarbeit. Moritz und seine Freunde werden trotzdem auf die letzte Minute reingehen. Denn draußen ist es schöner. Und das liegt nicht nur am Frühling.

VIDEO: Schule 2028: Smart-Hand statt Bücher (4 Min)

Kaputte Steckdosen, Löcher in den Wänden

Wer morgens in den Klassenraum kommt, hat als erstes einen stickigen, leicht gammligen Geruch in der Nase - als wäre schlecht gelüftet, die Luft verbraucht. Moritz und die anderen reißen die Fenster auf - an kalten Tagen ist das nichts für Frostbeulen. Außerdem funktionieren viele Dinge nicht so, wie sie sollten: Steckdosen sind tot, auf den Korridoren hängen Uhren, die von der Decke zu fallen drohen. Manche haben nicht mal mehr Zeiger.

"Kurzer Prozess auf dem stillen Örtchen"

Es klingelt zur Pause. Moritz geht mit seinen Freunden nach draußen auf den Hof. Natürlich, wer mal muss, der muss eben. Aber eklig sind die Toiletten schon, sagt er. Viele Schüler würden auf dem stillen Örtchen kurzen Prozess machen. Moritz beschreibt: Es stinkt fürchterlich, die Klos sind verstopft, Kinder haben Brot, Geld und alles mögliche andere hineingeworfen. Da könne man schon froh sein, kein Mädchen zu sein, sagt Moritz lachend.

Schulgebäude mit langer Geschichte

Die Schule, auf die Moritz geht, gibt es seit 1953. Seit 65 Jahren schon wird in dem Gebäude gelernt und unterrichtet. Am Anfang gab es reine Mädchen- und Jungenklassen, in den 1950er-Jahren waren sogar zwei Schulen in einem Gebäude untergebracht, so dass der Unterricht in verschiedene Schichten geteilt werden musste. 2007 wurde die Turnhalle saniert, zwei Jahre später hat die Außensanierung des Schulgebäudes begonnen.

VIDEO: "Die Griffe sind schmutzig. Es stinkt." (5 Min)

Viele Fragen zur Sanierung

Moritz und andere Kinder fragen sich, wann der Rest drankommt und wie das funktionieren soll? Wo sollen 460 Schülerinnen und Schüler hin? Für wie lange? Wird es einen Fahrstuhl geben? Wird die Schule nach der Sanierung digitaler sein?

Antworten auf diese Fragen hat Steffen Bockhahn (Die Linke), der Schulsenator für die Stadt Rostock. Er erklärt, dass bisherige Pläne geplatzt sind, weil Statik und Baugenehmigungen neu gemacht werden mussten. Im März 2020 soll es aber nun endlich mit dem Umbau losgehen. Dabei soll Bockhahn zufolge alles saniert werden, was brennen könnte - also Elektroleitungen, Wasserleitungen, Toiletten. Es gehe darum, "das Innere des Gebäudes ins 21. Jahrhundert zu holen", sagt er.

Schulsenator Bockhahn: "Spannende Kiste"

Weil die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den kommenden Jahren weiter steigen soll, wird das Schulgebäude auch neue Klassenräume brauchen. So werde man während des Umbaus versuchen, die Räume, die da sind, anders aufzuteilen und dadurch neuen Platz zu schaffen. Hinterher, erklärt Schulsenator Steffen Bockhahn weiter, soll dann alles barrierefrei sein - mit Rampen statt Treppen, Fahrstuhl, Handläufen mit Blindenschrift. Für Bockhahn eine Selbstverständlichkeit.

Heinrich-Schütz-Schule in Rostock © NDR Newcomernews Foto: NDR Newcomernews
AUDIO: Schüler warten auf Umbau ihrer Schule (9 Min)

Digitalisierungskonzept kommt

Auch an einem Gesamtkonzept zur Digitalisierung der Schule werde gerade gearbeitet. Es sei eine "spannende Kiste", einen Plan zu erarbeiten, wie über 4.500 Computerarbeitsplätze in allen Schulen der Stadt für je mehrere hundert Euro erneuert werden könnten. Das werde "sauteuer" und Zeit brauchen. "Mir dauert das alles auch viel zu lange, aber schneller geht es eben nicht."

Umfrage: "Schmutzige Toiletten, alte Computer"

Noch, finden Moritz und seine Freunde, liegt Einiges im Argen. Bei Umfragen an der Heinrich-Schütz-Schule sagten fast alle Schülerinnen und Schüler einer zehnten Stufe, sie seien mit der digitalen Ausstattung ihrer Schule nicht zufrieden. Einstimmig schlecht fiel das Urteil über die Sauberkeit an der Schule aus - die große Mehrheit der befragten zehnten Klasse zeigte sich aber bereit, neue Wege zu gehen und künftig vielleicht selbst zu putzen. In einer sechsten Klasse bot sich ein ähnliches Bild. In einer Klasse der achten Stufe hieß es, es brauche WLAN, neuere PCs und Beamer.

Ist selber putzen ein Ausweg?!

In Japan etwa putzen Kinder und Jugendliche an vielen Schulen selbst, sogar in Grundschulen. Der Effekt: Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich verantwortlich für ihre Klassenräume, die Korridore, die Toiletten. Auch Moritz könnte sich wie viele andere vorstellen, für eine Schule zum Wohlfühlen selbst Lappen und Schwamm in die Hand zu nehmen. Dieser Artikel ist durch Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Medienbildungsprojektes NDR Newcomernews des NDR Landesfunkhauses Mecklenburg-Vorpommern entstanden.

 

Dieser Artikel ist durch Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Workshops des Medienbildungsprojekts NDR Newcomernews des NDR Landesfunkhauses entstanden.

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