Masters of Jazz: Toshiko Akiyoshi
Toshiko Akiyoshis Kochtopf der Klänge, "hot stuff", heiß und scharf, genau das richtige für die NDR Bigband, wird am 14. September im Studio 1 des NDR am Rothenbaum serviert.
Neue Impulse in schwierigen Zeiten
Ende der 1960er-Jahre: Rock, Pop und Soul dominieren die Musiklandschaft. Es ist keine gute Zeit für Big Band Jazz. Und doch setzen zwei Ensembles neue Impulse: 1965 entsteht in New York das Mel Lewis/Thad Jones Orchestra, und 1972 gründen Toshiko Akiyoshi und der Saxofonist Lew Tabackin in Los Angeles eine ebenfalls visionäre Big Band.
Die 1929 geborene japanische Pianistin nutzt Mehrfach-Instrumentalisten, einen vertikalen Stimmenaufbau und extreme Register für feingesponnene Klang-Gedichte: "Wenn sich eine Note ändert, verändert sich das ganze Stück. Ich brauche manchmal eine halbe Stunde, um mich für eine Note zu entscheiden. Und der Band sage ich dann: ‘Bitte haltet diese Note in Ehren.‘"
Akiyoshis Klangsprache und kulturelle Vision
Als erste implementiert Akiyoshi Einflüsse aus dem asiatischen Kulturraum. "Duke Ellingtons Musik spiegelt seine Wurzeln als schwarzer Mensch. Und so wollte ich einen Jazz machen, in den ich die japanische Kultur sublimiere. Gleichzeitig interessiere ich mich für das, was in der Welt passiert. Wie Journalisten über Ereignisse durch Texte berichten, will ich diese durch Musik ausdrücken. Das sind die Säulen meiner Musikproduktion."
Das Debütalbum "Kogun" erregt 1974 Aufsehen, der Nachfolger "Insights" führt dazu, dass 1978 zum ersten Mal in der Geschichte des Jazz eine Frau den Critics Poll des Down Beat Magazin sowohl in den Kategorien "Komposition/Arrangement" als auch "Big Band" gewinnt. Es folgen weitere Poll-Gewinne, insgesamt 14 Grammy-Nominierungen und 2007 schließlich die höchste US-Jazzauszeichnung: der NEA Jazz Master.
1982 wird in New York das Toshiko Akiyoshi Jazz Orchestra neu gegründet und spielt neben weltweiten Tourneen bis zur Auflösung im Dezember 2003 sieben Jahre lang jeden Montag im Jazzclub Birdland.
"Masters of Jazz" mit Jörg Achim Keller
Für das Konzert in der "Masters of Jazz"-Serie der NDR Bigband hat deren Kurator Jörg Achim Keller vor allem Material aus der ersten, klassischen Phase ausgewählt. Als junger Arrangeur befasste er sich intensiv mit Akiyoshis Schreibe, fand besonders die Art, wie sie für Holzbläser schrieb, interessant - wenn auch zunehmend kompliziert.
Denn Toshiko Akiyoshi ist auch von einer detailversessenen Härte. "Die Japaner haben ein Sprichwort: ‚Der Nagel, der herausragt, wird eingeschlagen‘", sagt die Komponistin. "Und: 'Wenn du die Hitze nicht erträgst, bleib‘ aus der Küche.‘"
Autor: Henry Altmann
